Vicus : ein neuentdecktes Glied in der Kette altperuanischer Kulturen Autor(en): Bosshard, Hans-Werner Objekttyp: Article Zeitschrift: Du : die Zeitschrift der Kultur Band (Jahr): 27 (1967) Heft 9 PDF erstellt am: 13.08.2019 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-294550 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Der eigenwillige, ausdrucksstarke, oft grotesk anmutende Stil dieser «huacos», wie der Peruaner alle antiken Tongefässe nennt, wich auffallend von den künstlerischen Ausdrucksformen anderer altperuanischer Kulturen ab und bewies auch durch die Verschiedenartigkeit der Ornamentik sowie der angewandten Mal- und Modelliertechnik, dass man es hier offensichtlich mit einer ganz neuen Art präkolumbischen Kunstschaffens zu tun hatte. Nun sind solche Überraschungen in der peruanischen Altertumsforschung schon einige Male vorgekommen, und es ist wohl sicher, dass der Boden dieses an geschichtlichen Ereignissen so reichen Landes noch vieles birgt, das uns Aufschluss über seine bewegte Vergangenheit geben könnte. Über den Zeitabschnitt der Inka-Herrschaft (von ca. 1200-1532 n. Chr.) sind wir, dank den Überlieferungen spanischer Chronisten, weitgehend informiert. Die Erforschung älterer Kulturen bereitet jedoch oft erhebliche Schwierigkeiten, da keines der Völker, welche einst die Gebiete des heutigen Staates Peru bewohnten, ein schriftliches Vermächtnis hinterlassen hat. So bleibt dem Wissbegierigen nichts anderes übrig, als sich seine Kenntnisse in mühsamer Kleinarbeit, durch vergleichendes Analysieren, intensives Beobachten und Klassieren von Ausgrabungsgegenständen zu erarbeiten. Freilich ist diese Methode langwierig und führt auch den Fachmann oft zu falschen Annahmen, welche erst durch Neuentdeckungen, die manchmal Jahre oder Jahrzehnte auf sich warten lassen, revidiert werden können. So ist die Forschung über die präkolumbischen Kulturen Perus noch immer in lebhafter Bewegung, wird durch neue Ausgrabungen oder Untersuchungen einzelner Archäologen stets wieder aus dem Gleichgewicht gebracht. Weitere Verwirrungen entstanden, als man nach dem Zweiten Weltkrieg begann, für die Datierung von Fundstücken den Radiocarbon-Test zu verwenden. Viele bisher als gesichert akzeptierte Datierungen gerieten ins Wanken und stilistisch begründete chronologische Zusammenhänge wurden fragwürdig. Vor allem aber sind es die neuen Funde, die das komplizierte Gebäude der altperuanischen Kunstgeschichte erschüttern. Ein solcher Fall ist nun mit dem Erscheinen der Gräberfunde aus Vicus eingetreten. Denn was die Kenner da erstmals in Händen hielten, das sind, wie inzwischen einwandfrei festgestellt wurde, Zeugen einer mehr als 2000 Jahre alten nordperuanischen Kultur, von deren Existenz man bis anhin nichts wusste. Die umwälzende Bedeutung der neuen Entdeckung geht allein schon daraus hervor, dass es sich bei Vicus um eine der frühesten Zivilisationen auf peruanischem Boden handelt. Durch die zeitliche Einstufung einiger Funde in die «formative Periode», das heisst in die Zeit von etwa 500 vor Chr. bis zu unserer Zeitrechnung, stellen sich für die peruanische Archäologie eine Anzahl ganz neuer und entscheidender Fragen. Die Beziehungen von Vicus zum älteren ChavinHorizont oder die Einflüsse von Vicus auf die nachfolgende grosse Mochica-Kultur, um nur zwei Beispiele zu nennen, dürften für die Einschätzung der frühen Kulturen des peruanischen Nordens wohl in Zukunft von grosser Bedeutung sein. 713 Neben der stilistisch ausgeprägt eigenständigen Keramik kamen aus den Vicus-Gräbern ausserdem zahlreiche Beispiele kunstvoll gearbeiteter Metallgegenstände, wie kupferne Zeremonialmesser, Schaber, Schalen, Keulenköpfe, Nasenund Ohrenschmuck, Schellen, Pinzetten, Nadeln, Spachteln, Angelhaken und andere Gebrauchsgegenstände, sowie reich geformte und ziselierte Brustschilde, Bänder und Plaketten, die letzteren vermutlich einst als Schmuck auf die Kleidung aufgenäht. Viele Stücke sind mit einer hauchdünnen Goldschicht überzogen, andere aus reinem Golde getrieben. In all diesen Dingen kann man ebenfalls an Hand der Formgebung und der eingravierten Ornamentik den ausgeprägten Vicus-Stil erkennen. Nun sind allerdings schon seit einiger Zeit 35 Kilometer nördlich von Vicus in dem Bergdorf Frias ähnliche Metallgegenstände, jedoch keine Keramiken, gefunden worden. Vorerst sind die Zusammenhänge zwischen diesen Metallfunden von Frias und denjenigen von Vicus noch ungeklärt. Auf Grund der neuen Vicus-Funde gelangen wir zur Erkenntnis, dass in Peru die frühesten Beispiele für Metallbearbeitung (die Technik der Goldbearbeitung eventuell ausgenommen) wahrscheinlich nicht, wie bis jetzt angenommen, erst in der Mochica-Kultur (etwa 400 bis 800 n.Chr.), sondern im Einflussgebiet von Vicus zu finden sind. Es bedarf keiner grossen Vorstellungskraft, um sich auszumalen, welch immensen Vorteil kultureller, ökonomischer und militärischer Art die Beherrschung solcher Technik der Metallverarbeitung für ein Volk bedeutet haben mag. Ein weiterer Faktor, welcher Grund zur Annahme gibt, dass dieses Volk in den nördlichen Küstengebieten einst eine dominierende Stellung eingenommen haben muss, ist die geographische und die strategisch einmalige Lage von Vicus. Das untere Piura-Tal, das auch heute noch als eine der fruchtbarsten Gegenden des Landes gilt, war wohl schon zu jenen Zeiten ein ideales Gebiet für Jäger und Pflanzer. An der Stelle, wo der Rio Piura aus den Anden kommend den hundert Kilometer breiten Sandgürtel der Pazifik-Küste erreicht und sich mit dem Rio Charanal vereint, erhebt sich als erster Vorposten der Kordilleren der 472 Meter hohe Cerro Vicus. Dieser Berg bildet einerseits einen idealen Aussichtspunkt, um weite Strecken der endlosen Sechura-Wüste zu überwachen, und er bietet andererseits an seiner dem Fluss zugewandten Seite Schutz vor den glühendheissen Winden, welche ständig vom Pazifik her über diese Einöde wehen. 714 Hier an der Ostflanke des Vicus-Berges war wo im Jahre 1962 die ersten Grabstätten entdeckt wurden. Hazienda-Arbeiter, die mit Nivellierungsarbeiten für die Gewinnung von es, Ackerland beschäftigt waren, rückten mit Hilfe von Bulldozern einigen Bodenerhebungen zu Leibe. Dabei wurden alte Grabschächte freigelegt, die wie hohe rechteckige Kamine, dicht aneinandergereiht, senkrecht in den Boden getrieben waren. Ihre Tiefe betrug durchschnittlich sechs bis zehn Meter, in einem Falle sogar mehr als fünfzehn Meter. In jedem dieser Schächte befanden sich einige wenige Tongefässe, vereinzelte Gegenstände aus Metall und, als einzige menschliche Überreste, etwas Zahnschmelz und die sogenannte «tierra del muerto», die Erde des Toten. Sowohl Textilien als auch Knochen sind im Lauf der Zeit ganz zu Staub zerfallen. Der Umstand, dass bei dieser ersten Entdeckung kein Fachmann anwesend war, führte leider in der Folge zu einer grossangelegten Plünderung des Gebietes. Die «huaqueros», ortskundige, mit allen Kniffen ihres Metiers vertraute Schatzgräber, rekrutierten ihre Helfer unter den Landarbeitern, um mit ihnen, teils in gefährlicher Nachtarbeit, das Gelände nach Antiquitäten zu durchwühlen. Dabei kam es nicht selten vor, dass Arbeiter lebendig unter den einstürzenden Sandmassen begraben wurden. Der Ertrag dieser Grabungen wurde dann jeweils durch Mittelsmänner nach der Hauptstadt geschafft und dort an Händler und Liebhaber verkauft, zuerst mit der vagen Herkunftsbezeichnung «Ayahuaka», später als «Vicus». Als die Behörden von diesem illegalen Treiben erfuhren und eine Kommission von Fachleuten ins Fundgebiet sandten, waren bereits Hunderte von Gräbern ausgeräumt. Die Casa de la Cultura in Lima veranlasste in der Folge eine vorläufige Bestandesaufnahme, welche dann im Jahre 1964 einen ersten offiziellen Bericht ermöglichte. Einige Monate später stellte eine Kunstgalerie aus Privatsammlungen eine kleine Ausstellung zusammen, wobei es erstmals möglich wurde, einen Überblick über das Kunstschaffen aus Vicus zu gewinnen. Besonders auffallend war die unglaubliche Reichhaltigkeit an Motiven verschiedenster Art in der Keramik. Das Repertoire reicht vom einfachen, schwarzgebrannten, kugel- oder becherförmigen Trinkgefäss bis zum reich mit plastischem und malerischem Dekor versehenen Doppelgefäss. Diese Doppelgefässe, wahre Paradestücke handwerklichen Könnens, sind meist in ihrem Innern mit einem raffinierten, oft zweistimmigen Pfeifmechanismus versehen, der beim Ein- und Aus- giessen von Flüssigkeit einen reizvollen Ton von sich gibt. In bezug auf die Technik weisen die keramischen Gefässe aus Vicus einige Besonderheiten auf. Soweit eine Oberflächen-Dekoration vorkommt, erscheint in der Regel das Muster oder die Darstellung negativ, das heisst in der Farbe des Tons im geschwärzten Grund; es gelangte also eine im einzelnen nicht bekannte Reservetechnik zur Anwendung. Wichtiger noch ist, dass die Vicus-Keramik stets von der Hand des Töpfers frei geformt zu sein scheint. Die Töpferscheibe war ja in den präkolumbischen Kulturen unbekannt. Wie die ältere Chavin-Kultur bediente sich auch die jüngere Mochica-Kultur häufig der Hohlformen, in denen die Gefässe ausgedrückt oder ausgegossen wurden, so dass eine Art «Serienproduktion» zu identischen Stücken führte. Gleichartige Vicus-Stücke jedoch, da frei geformt, unterscheiden sich stets voneinander. Vor allem die Tierwelt ist in dieser Keramik mit Darstellungen von Vögeln aller Art, von Affen, Rehen und Hirschen, Füchsen, Raubkatzen, Echsen, Fröschen u.a. reich vertreten. Eine Art Wiesel, die besonders häufig vorkommt, sei es in naturgetreuer oder symbolhaft abstrahierender Weise, scheint offensichtlich in der VicusMythologie eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Auf Metallwaffen finden wir neben dem Wiesel als bevorzugtes Motiv auch noch den Tausendfüssler. Am eindrücklichsten ist aber wohl die Ausdruckskraft der anthropomorphen Gefässe. Sie stellen Persönlichkeiten in den verschiedensten Lebenslagen vor und lassen uns sogar Schlüsse ziehen über besondere Ereignisse und kultische Handlungen, über Religion und Brauchtum. Der Berufsarchäologe wird sich freilich hüten, bei der Betrachtung dieser Stücke seiner Phantasie allzu freien Lauf zu lassen, denn spekulative Überlegungen, welche nicht einwandfrei wissenschaftlich fundiert sind, führen nur allzuoft zu irrigen Theorien. Doch bis sich die Gelehrten durch die neue Materie durchgearbeitet haben werden, können Jahre vergehen ; da wäre es wohl schade, die Öffentlichkeit so lange auf den Anblick dieser eigenartigen und kraftvollen Kunstwerke warten zu lassen. Kaum eine andere Kultur aus dem alten Peru vermittelt den Eindruck solch bodenständiger, unbeschwert-heiterer Lebensbejahung. Es bleibt zu hoffen, dass in Vicus in naher Zukunft grosszügige, gewissenhaft betriebene Ausgrabungen unternommen werden, und dass die vielen Fragen über dieses interessante, längst verschollene Volk eine baldige Beantwortung finden. ;' hM x -.. + Si * rv ^^ vl; .¦ ¦•e ¦:• ri ¦m ft 716 .mm.J ¦¦ •'. At. j*!*»!* *-' *£. u Wk ¦y w& *jra&*it a* w • j «% Sm ^x^^;- ^MHM m> ¦"tlmmm MHP ».*¦ y -ii»au *v ¦** * •Ss. J«-»* ' ft •*** **^ •X n ¦-¦ ÄP ,r m%h % W^Ji^' *r ¦¦V,T-V>!i. >—/•:¦.'. 8 x*£ &£ ¦ ..:. ¦ ¦ -;>•*•»¦ 10 ' * r V... G X -?K-WÎÊa y. %.' ¦ • • <' \V M 12 ¦ i* : Imt / / 726 ZU DEN EINZELNEN BILDERN Doppelgefäss mit der Darstellung einer reich mit Schmuck behangenen Persönlichkeit. Höhe 22 cm. Solche halbmondförmigen, aus Goldblech Fundort Vicus. getriebenen Nasengehänge, goldene Ohrpflöcke und andere Schmuckstücke, wie Gürtel, Armspangen, Halsketten, wurden in relativ grosser Zahl in Vicus-Gräbern gefunden. Die komplizierte Gefässform und sorgfältige Oberflächenbehandlung mit der kombinierten Negativ-Positiv-Bemalung wie auch die Darstellungsart lassen darauf schliessen, dass es sich bei dem Stück um ein Beispiel später Vicus-Keramik handelt. Gefäss in Form einer schwimmenden Figur. Höhe 2 ca. 15 cm. Frühes Vicus. Die charakteristische Pose des Schwimmers findet sich sehr häufig und in mancherlei Variationen in der Vicus-Keramik. Charakteristisch dabei ist der steil nach oben gereckte Kopf; aber auch die Haltung der Arme deutet auf die Bewegungen eines Brustschwimmers hin, im Gegensatz etwa zur Haltung einer liegenden Figur. 3 Henkelgefäss in Form einer Raubkatze. Höhe 28 cm. Spätes Vicus. Verglichen mit den dämonisch anmutenden Abstraktionen des «Fellino»-Motivs anderer altperuanischer Kulturen mutet diese Vicus-Darstellung einer Raubkatze trotz ihrer bedrohlichen Haltung beinahe heiter, ja karikäturenhaft an. Solche Raubtiere scheinen offensichtlich für das Volk aus Vicus nicht jene Rolle einer furchteinflössenden, alles beherrschenden Gottheit gespielt zu haben, wie wir sie zum Beispiel aus entsprechenden Darstellungen in der Chavin-Kultur kennen. 4 Figürliches Gefäss. Höhe ca. 25 cm Fundort Vicus. Die geradezu philosophische Würde, der erhabene, strenge Gesichtsausdruck und die Geste der vor der Brust verschränkten Arme lassen vermuten, dass wir es bei dieser selten schönen Figur mit porträthaften Zügen mit einer Häuptlings- oder Priesterpersönlichkeit zu tun haben. Auch der mächtige Ohrschmuck und die grosse, aus Leopardenfell gearbeitete Kopfbedeckung verleihen dem Dargestellten etwas Majestätisches und deuten auf seinen hohen sozialen Rang. 5 Doppelgefäss in Form eines Liebespaares Höhe Das grobkörnige Tonmaterial, ca. 21 cm. Fundort Vicus. aus dem die Vicus-Keramik oft geformt ist, bringt es mit sich, dass die Stücke oft zerbrochen, ja in vielen Fällen sogar stark zerbröckelt ausgegraben werden. Der grosse Druck, der bei der beträchtlichen Tiefe der Schachtgräber herrscht, und die oft mangelnde Sorgfalt bei der Bergung sind gleichermassen Ursache dafür, dass manch kostbares Stück der Nachwelt endgültig verlorenging. Das Thema des Liebespaares ist ein häufiges Motiv der Vicus-Keramik. Es findet sich auch auf Metallgeräten. 6 Getriebenes Kupferblech in Form einer menschlichen Gestalt. Feuervergoldet. Höhe ca. 32 cm. Löcher an der Ober- und Unterkante der Metallplatte weisen darauf hin, dass dort mit kleinen Drahtringen zahlreiche rundliche Kupferplättchen angebracht waren, die beim Bewegen ein schellenartiges Geklingel erzeugten. Das Stück war wohl ursprünglich als Zierplatte auf ein Kleidungsstück aufgenäht, denn auf der Rückseite lassen sich noch die in einer dicken Schicht von Kupferoxyd abgezeichneten Gewebestrukturen erkennen. 1 - - - - - Gefäss in Tierform. Höhe ca. 25 cm. Fundort Vicus. Der Gefässkörper stellt vermutlich die Mondsichel dar. Wer von der südlichen Hemisphäre aus den Mond betrachtet, kann mit etwas Phantasie in seinen Schattenpartien ein hunde- oder krokodilähnliches Tier erkennen. (So wie auf der nördlichen Hemisphäre in den Flecken des Vollmondes das Gesicht eines pausbäckigen Mannes, des «Mannes im Mond» gesehen wurde.) Das im alten Peru in die Erscheinung des Mondes hineininterpretierte Tier kann dann dazu geführt haben, das Phänomen der Mondphasen so zu erklären, dass das Tier den Mond in gewissen Zeitabständen allmählich auffrisst, bis nichts mehr von ihm zu sehen ist, und ihn dann allmählich wieder von sich gibt. Diese zunächst phantastisch anmutende Deutung könnte zur Erklärung der Darstellung dieses Gefässes helfen. Das 8 Doppelgefäss. Höhe 21 cm. Fundort Vicus. eindrückliche Gefäss zeigt eine stolze Mutter mit ihrem vor die Brust gehaltenen Söhnchen. Im Innern des Gefässes ist eine ebenfalls aus Ton geformte Pfeife angebracht, die jedesmal einen zarten Ton von sich gibt, wenn das volle Gefäss hin und her geschwenkt wird. Die Flüssigkeit fliesst dann durch ein Verbindungsrohr von einem Gefässteil in den andern, wobei die verdrängte Luft an der Pfeife vorbei durch Öffnungen im Kopf entweicht. Es sind hauptsächlich Stücke aus der eigentlichen Blütezeit des Vicus-Stils, die mit diesem raffinierten Mechanismus versehen sind. 9 Doppelgefäss. Höhe 23 cm. Fundort Vicus. - Der grössere Gefässteil zeigt einen Mann, der auf seiner Schulter einen Tonkrug trägt und vielleicht einen Töpfer darstellt. Der ringförmige Kopfputz ist von drei vogelartigen Aufsätzen bekrönt. Interessant ist die reiche Bemalung in der sogenannten Negativ-Technik. Bei dieser für Vicus typischen Technik wurden die Ornamente vor dem Brennen mittels einer farblosen Flüssigkeit (ver¬ mutlich Kakteensaft oder Kautschukmilch) auf das aufgetragen. Die durch Russentwicklung beim Brennprozess entstehende schwarze Schicht setzt sich überall dort fest, wo die Oberfläche nicht durch die Zeichnung verdeckt ist. Beim nachträglichen Abwaschen lösen sich die Überreste des Pflanzensaftes auf und geben die von der Schwärzung unberührte Tonoberfläche frei. Bei einzelnen Stücken wurde dann noch eine zweite, weisse Bemalung angebracht, die aus einer Mischung von Kalk- oder Kreidemehl mit Pflanzensaft bestand. Diese zweite Bemalung ist meist viel schlechter erhalten als die im Brennprozess entstandene 7 Gefäss Negativornamentik. Figürliches Gefäss. Höhe ca. 20 cm. Fundort Die Gefässfigur ist in ihrer einfachen Form ein Vicus. vorzügliches Beispiel für den Stil der frühen VicusKeramik. An die Stelle solcher Monumentalität und erstaunlicher Ausdruckskraft tritt in späteren Phasen des Vicus-Stils allmählich die Freude am plastischen und malerischen Dekor. 11 Kniender Vicus-Kneger. Höhe ca. 18 cm. Fundort Vicus. Der rechte Unterarm des Kriegers ist mit einem kleinen Schild bewehrt, mit den beiden Händen hält er schräg vor der Brust eine Keule Diese aus einem Holzschaft und einem meist reichverzierten kupfernen Keulenkopf (es fanden sich davon zahlreiche kunstvolle Beispiele in Vicus-Gräbern) bestehende Waffe scheint neben der Speerschleuder und einer Art Lanze das in dieser Kultur gebräuchlichste Kriegswerkzeug gewesen 10 - - - zu sein. 12 Doppelgefäss. Höhe ca. 18 cm. Spätes Vicus. Zeittafel der peruanischen Kulturen nach PERIODE - Die Haltung der Figur, der reiche Kopfschmuck und die wie zum Empfang einer Gabe erhobenen Hände lassen vermuten, dass es sich bei diesem Gefäss um die Darstellung eines Priesters handelt, der vielleicht den Himmel um Regen bittet. G. H. S. Bushnell HOCHLAND KÜSTE Süden Datum Mitte Norden 1500 NachKlassische 1000 Süden Hoher Norden Imperialistische Inka Inka Inka Inka StädtebauPeriode Chimü Cuismancu Chincha Huamachuco ExpansionsPeriode KustenTiahuanaco KüstenTiahuanaco KustenTiahuanaco Tiahuanacoid (Cajamarca) Norden Inka Mitte Inka Lokales Tiahuanaco Hu an 500 Klassische Blütezeit Mochica «Interlocking» Nazca Kursiv-Stil (Cajamarca) (Cuzco) Inka Frühe Inka Lokale Kulturen Chullpa Lokale Keramik-Stile VerfallsTiahuanaco Tiahuanaco Klassisches Tiahuanaco Recuay n.Chr. Pucara v.Chr. Experimentelle Formative 500 Kultische 1000 (Titicaca) Inka Gallmazo oder Viru Salinar oder Puerto Moorin Vicus Cupisnique Frühe Pflanzer Negativ-Stil Paracas- Frühes Nekropolis Tiahuanaco «Weiss-auf-Rot» Cavernas Chanapata Chiripa «Weissauf-Rot» Küsten- Chavin Chavinoid (Cajamarca) Chavin Frühe Pflanzer 1500 727