Klausur

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Einführung in die hispanistische Literaturwissenschaft
M.T. Bosshard
WS 2006/07
Klausur
FORMULIEREN SIE ALLE ANTWORTEN IN GANZEN SÄTZEN AUS. FÜR
STICHWORTARTIGE ANTWORTEN WERDEN KEINE PUNKTE VERGEBEN! UM
NICHT IN ZEITNOT ZU GERATEN, SOLLTEN SIE FÜR DIE BEANTWORTUNG JEDER
FRAGE NICHT MEHR ALS ZEHN MINUTEN AUFWENDEN. ACHTEN SIE DARAUF,
DASS AUF JEDEM BLATT IHR NAME UND IHRE MATRIKELNUMMER STEHT.
1. Womit beschäftigt sich die Editionsphilologie? Inwiefern ist diese
literaturwissenschaftliche Teildisziplin so wichtig? In welchem
Zusammenhang steht sie zur Genese der Romanistik?
2. Erläutern Sie folgendes Zitat von Roman Jakobson: „Die poetische
Funktion projiziert das Prinzip der Äquivalenz von der Achse der
Selektion auf die Achse der Kombination.“
3. Bestimmen Sie Versmaß, Strophenform und Reimstruktur des
folgenden Gedichtes von Antonio Machado.1 Welche rhetorischen
Figuren können Sie darüber hinaus in dem Text erkennen?
1
Crece en la plaza en sombra
Im Schatten des Platzes wächst
el musgo, y en la piedra vieja y santa
Moos, auf den alten, heiligen Steinen
de la iglesia. En el atrio hay un mendigo...
der Kirche. Am Eingang ein Bettler...
Más vieja que la iglesia tiene el alma.
Älter als die Kirche ist seine Seele.
Sube muy lento, en las mañanas frías,
An kalten Morgen steigt er langsam
por la marmórea grada,
die Marmorstufen aufwärts
hasta un rincón de piedra... Allí aparece
bis zu einer Stein-Nische. Dort erscheint
su mano seca entre la rota capa.
seine magere Hand aus dem durchlöcherten Umhang.
Con las órbitas huecas de sus ojos
Seine tiefen Augenhöhlen
ha visto cómo pasan
sahen sie vorüberziehen:
las blancas sombras, en los claros días,
die weißen Schatten in den klaren Tagen,
las blancas sombras de las horas santas.
die weißen Schatten der heiligen Stunden.
Selbstverständlich nehmen Sie die Analyse am spanischen Originalgedicht vor. Die deutsche Übersetzung ist
lediglich eine Hilfestellung zum besseren Verständnis.
4. Was versteht Michail Bachtin unter „epischer Distanz“ und „epischem
Held“? Stellen Sie letzteren dem Romanhelden gegenüber, so wie ihn
Bachtin beschreibt. Worin unterscheidet er sich von jenem?
5. Was ist ein „impliziter Autor“? Grenzen Sie ihn ab vom textexternen Autor und
vom Erzähler und legen Sie dar, wie er sich in einem Text bemerkbar macht.
6. Charakterisieren Sie mit den Begriffen der Narratologie den Erzähler im
folgenden kurzen Textauszug (Anfang von Cien años de soledad [Hundert
Jahre Einsamkeit] von Gabriel García Márquez). Berücksichtigen Sie auch den
Grad der Fokalisierung sowie die Zeitstruktur des Ausschnitts.
„Muchos años después, frente al pelotón de fusilamiento, el coronel Aureliano Buendía había
de recordar aquella tarde remota en que su padre lo llevó a conocer el hielo. Macondo era
entonces una aldea de veinte casas de barro y cañabrava construidas a la orilla de un río de
aguas diáfanas que se precipitaban por un lecho de piedras pulidas, blancas y enormes como
huevos prehistóricos. El mundo era tan reciente, que muchas cosas carecían de nombre, y
para mencionarlas había que señalarlas con el dedo. Todos los años, por el mes de marzo,
una familia de gitanos desarrapados plantaba su carpa cerca de la aldea, y con un grande
alboroto de pitos y timbales daban a conocer los nuevos inventos. […]“
„Viele Jahre später sollte der Oberst Aureliano Buendía sich vor dem Erschießungskommando
an jenen fernen Nachmittag erinnern, an dem sein Vater ihn mitnahm, um das Eis
kennenzulernen. Macondo war damals ein Dorf von zwanzig Häusern aus Lehm und Bambus
am Ufer eines Flusses mit kristallklarem Wasser, das dahineilte durch ein Bett aus
geschliffenen Steinen, weiß und riesig wie prähistorische Eier. Die Welt war damals noch so
jung, daß viele Dinge des Namens entbehrten, und um sie zu benennen, mußte man mit dem
Finger auf sie deuten. Alljährlich im Monat März schlug eine Familie zerlumpter Zigeuner ihr
Zelt in der Nähe des Dorfes auf und gab mit einem gewaltigen Getöse aus Pfeifen und
Trommeln die neuesten Erfindungen bekannt. [...]“
7. Worin unterscheiden sich dramatische von narrativen Texten?
8. Was kritisiert Lope de Vega an der aufs Drama bezogenen Poetik des
Aristoteles? Welche Gegenvorschläge macht er?
9. Was ist mit dem Ausdruck „hermeneutischer Zirkel“ gemeint?
10. Was ist ein literarischer Kanon? Wie kommt er zustande und inwiefern ist er
modifizierbar?
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