Subido por Beo Gildis

Wuttig.Julia.El público IV

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PS Federico García Lorca. Eine Frage der Ehre und Metatheatralität
Julia Wuttig
27.1.14
El público – El Pastor Bobo und Cuadro Sexto
El Pastor Bobo
Im Bild Solo del Pastor Bobo scheinen die zentralen Themen und Aussagen des Stücks noch
einmal knapp und scheinbar zusammenhangslos wiederholt zu werden.
Die Szene nimmt den Leser oder Zuschauer zunächst mit auf eine Zeitreise, die in der Antike
beginnt. Der Pastor Bobo tritt in Barbarenkleidung auf und grenzt sich dadurch aber von eben
dieser zivilisierten, antiken Welt ab. Außerdem wird hier, ähnlich dem legendären
Prometheus, ein Poet Opfer der Attacke eines Adlers, die jedoch nicht auf seine Leber,
sondern auf sein Herz und damit auf sein Gefühlsleben gerichtet ist, falls wir das Herz nicht
bloß als physisches, sondern vor allem als emotionales Zentrum des Menschen sehen.
Die typisierten Masken, die der Pastor mit sich führt, sind ein weiterer Hinweis auf das
griechische oder römische Theater, in dem die Schauspieler Masken trugen. Mittlerweile sind
die lachende Maske der Komödie und die traurige der Tragödie zum Symbol des Dramas
geworden und stellen damit einen Bezug zu den Theatertraditionen her.
Eine weitere Anspielung auf die griechische Mythologie könnte auch der Begriff „Adivina“
(S. 180) darstellen, der sich zum Beispiel auf die Wahrsagerin Kassandra beziehen könnte.
Zwischen deren unheilvollen Prophezeiungen, denen niemand Gehör schenken mag, und dem
Zwiespalt in dem sich der director befindet, lassen sich gewisse Parallelen ziehen. Der
director ist umgeben von Personen, die ihm Ratschläge erteilen bzw. ihn zu bestimmten
Handlungen drängen wollen und damit einen inneren Konflikt in ihm auslösen; er scheint
zuweilen schlichtweg nicht zu wissen, wie er handeln soll.
Auch der „yeso de Creta“ (S. 180) weist auf die antike Kultur hin, von der uns bis heute
Statuen erhalten sind; gleichzeitig ist er aber auch ein Verweis auf den Moment, in dem sich
die Figura de Pámpanos ihrer Kleider entledigt (S. 138).
Ein letzter Bezug zur Antike wird durch die Namen Europa und Asia hergestellt, zwei
Frauennamen der griechischen Mythologie; sie werden jedoch in Kontrast zu Amerika gesetzt
und lassen sich deshalb ebenso auf die Moderne übertragen.
Neben
den
Elementen
der
antiken
Klassik
kommen
aber
auch
mittelalterliche
Theaterkonventionen zum Vorschein. Zunächst ist die gesamte Szene ein scheinbar inhaltlich
vom Stück gelöstes Zwischenspiel und spiegelt damit im Mittelalter vorherrschende
Traditionen wider. Gleichzeitig werden durch die todbringenden Pilze, die von den caballos
gegessen werden, und der Erwähnung von Julieta gleich zwei Bögen geschlagen, nämlich
einmal zu El público selbst, aber auch zu Romeo and Juliet und das darin von den
Protagonisten genommene Gift. Somit rückt auch noch das Drama der frühen Neuzeit in den
Fokus.
Elemente der Moderne finden sich schließlich noch in den metadramatischen Mitteln und der
dadurch erneut aufgestellten Dramentheorie. Wenn wir von der Annahme ausgehen, dass
Schafe allgemein mit Dummheit und Ausdruckslosigkeit assoziiert werden, dann erscheinen
die blökenden Masken als eine fröhliche, aber an sich bedeutungslose oder nichtssagende
Theaterkonvention, die sich auf das teatro al aire libre übertragen lässt. Auch hier wird etwas
durch seine Unwahrhaftigkeit Bedeutungsloses vorgespielt – zumindest den hombres und den
caballos zufolge. Des Weiteren wird dadurch, dass selbst die Masken Masken tragen, das
Motiv der Verwandlungen im Stück aufgegriffen und ein weiteres metadramatisches Element
eingesetzt.
Es zeichnen sich also in dieser Szene, ebenso wie im gesamten Stück, sowohl antike als auch
moderne Gebräuche und Komponenten erneut ab. Außerdem wird ein weiteres Mal die
Dramentheorie thematisiert, beispielsweise unter Bezugnahme auf die Gefühle, die einem
literarischen Werk gegebenenfalls zugrunde liegen (vgl. den Poeten, dessen Herz angegriffen
wird), und in erneuten Anspielungen auf die griechische oder elisabethanische Welt, von der
sich der Pastor Bobo aber gleichzeitig distanziert.
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