Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs

Anuncio
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
Tumorcharakteristik, Operation
Beim Kardiakarzinom (Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs - AEG) werden klinisch zwei
Gruppen unterschieden, das Frühkarzinom mit dem Submukosa-Typ (sm) und dem Mukosa-Typ (m) sowie das
fortgeschrittene Karzinom.
Risiko- und protektive Faktoren
Nikotin, Adipositas und gastro-ösophageale Refluxkrankheit gelten als Risikofaktoren für die Entstehung eines
Karzinoms in dieser Lokalisation. Als protektive Faktoren sind anerkannt: Refluxvermeidung, Vitamin C,
Folsäure, Beta-Carotin
Klinische Symptome
Hinweisend für ein AEG sind: Anderweitig nicht erklärter abdomineller Schmerz, Gewichtsverlust, Dysphagie,
Übelkeit/Erbrechen, Völlegefühl, Blutung.
Diagnostik
Die Diagnosesicherung erfolgt üblicherweise mittels Ösophago-Gastroskopie, Biopsie und histologischer
Untersuchung. Für die Beurteilung des T- und N-Status dienen die Computertomographie und die
Endosonographie. Zum Nachweis von Lebermetastasen ist die Standard-Sonographie genauso leistungsfähig
wie die Laparoskopie. Für den Nachweis von tumorbefallenen Lymphknoten oder einer Peritonealkarzinose ist
die Laparoskopie wesentlich sensitiver und spezifischer und soll Bestandteil des präoperativen Stagings sein.
Therapie
Das Behandlungskonzept ist stadienabhängig: Das kurative Ziel orientiert sich am Tumorstadium, eine
palliative Therapie an vorhandenen oder erwartbaren Symptomen. Es stehen zur Verfügung Operation,
Chemotherapie und Bestrahlung.
Chirurgische Behandlung
Adenokarzinom des Ösophagus: Abdomino-transhiatale Ösophagus-Kardia-Resektion, D2-Resektion,
Magenschlauch.
Kardia /subkardiales Karzinom: Gastrektomie, Omentektomie, D2-Resektion, Y-Roux-Ösophagojejunostomie.
Sequenz des operativen Vorgehens
- Exploration durch Laparoskopie. Entscheidung zu den Fragen: Neoadjuvante oder palliative Situation
- Erfassen einer lokalen Resektabilität R0 vs. R1/2, Ausschluss von Fernmetastasen (Leber, Peritoneum
nicht regionäre Lymphknoten)
- Die Resektionsziele einer kurativen Therapie sind: R0-, En bloc-Resektion
Über das Ergebnis entscheiden die tumorspezifischen Kriterien, patientenseitige Faktoren sowie der Chirurg mit
seiner persönlichen und der institutionellen Kompetenz. In High-volume-Kliniken werden bessere
Gesamtergebnisse erreicht. Wegen der Bedeutung dieses Kriteriums spricht man auch, wie beim Pankreas- und
dem Rektumkarzinom, vom Risikofaktor Chirurg.
Kardiakarzinom
Überleben, abhängig vom Resektionsstatus
Kardiakarzinom
Überleben, abhängig vom N-status
Siewert et al.
Einfluss der Resektionsqualität und des Nodalstatus auf das Überleben von Pat. mit einem AEG.
28
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
Klassifikation
Das Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs wurde in der Vergangenheit vielfach entweder als
Ösophagus- oder als Magenkarzinom angesehen. Diese Tumore zeigen deutliche Unterschiede sowohl zum
klassischen Plattenepithelkarzinom des Ösophagus als auch zum Magenkarzinom (Siewert JR et al. Ann Surg 2001;
234:360-67).
Definition
Alle Adenokarzinome im Bereich des ösophago-gastralen Übergangs, d.h. zwischen 5 cm oral und 5 cm aboral der
anatomischen Kardia, werden unter dem Begriff AEG zusammengefasst. Die Kardia ist anatomisch der Bereich des
Übergangs der 2-schichtigen Ösophagusmuskelwand zur 3-schichtigen Muskulatur der Magenwand. Endoskopisch
beginnt die Kardia an der oralen Begrenzung der Magenschleimhautfalten. Beachte: Die Ora-serrata- oder Z-Linie,
die lediglich die Grenze zwischen Platten- und Zylinderepithel wiedergibt, kann im Verhältnis zur muskulär
definierten Kardia deutlich verschoben sein und ist deshalb nicht geeignet für die anatomische Lokalisation der
Kardia (Stein HJ et al. in: Management des Ösophagus- und des Magenkarzinoms. Hrsg. HJ Meyer, HJ Buhr, H Wilke, SpringerVerlag, 2004).
Anatomisch-topographische
Klassifikation
Die anatomisch-topographische Klassifikation der Adenokarzinome des
ösophago-gastralen Übergangs (AEG)
umfasst drei Typen. Für die Zuordnung
gilt das Tumorzentrum oder >50% der
Tumormasse.
Adenokarzinom des distalen
Ösophagus (Barrett-Karzinom)
Klassifikation der Karzinome des gastro-ösophagealen Übergangs - AEG (adenocarcinoma of
AEG Typ I: Der Tumor ist zwischen
the esophago-gastric junction), Typ I, II, III. Sendler A, et al. Onkologe 2008;14:831-42
5 cm und 1 cm oral der Kardia
lokalisiert. Diese Karzinome entwickeln sich in der Regel auf dem Boden einer refluxinduzierten, intestinalen
Metaplasie im distalen Ösophagus, dem Barrett- oder Endobrachy-Ösophagus, und stellen das typische Adeno-Ca des
distalen Ösophagus dar. Häufig infiltrieren diese Tumore die Kardia von oral.
Eigentliches Kardiakarzinom
AEG Typ II: Hierzu gehören Tumore, deren Zentrum direkt in Höhe der anatomischen Kardia gelegen ist (oral: <1
cm, aboral: <2 cm).
Subkardiales Magenkarzinom
AEG Typ III: Bei eindeutig distal (>2 cm und >5 cm) des oralen Endes der typischen Magenschleimhautfalten
lokalisiertem Tumorzentrum wird vom AEG Typ III gesprochen. Die Infiltration der Kardia erfolgt von aboral.
Epidemiologische und tumorbiologische Charakteristika der AEG-Untergruppen
Eine wichtige Frage in Hinblick auf therapeutische Konsequenzen ist, ob die drei Tumorentitäten Unterschiede
in ihrer Tumorbiologie aufweisen. Solche lassen sich nachweisen:
- Das Überwiegen männlicher Patienten nimmt von Typ I (9:1) zu Typ III (2:1) kontinuierlich ab.
- Dem gastroösophagealen Reflux kommt nur beim Typ I eine pathogenetische Bedeutung zu. Pat. mit AEG
Typ I weisen im Gegensatz zu den Typen II und III zumeist eine lange Refluxanamnese und eine
Hiatushernie auf.
- Eine intestinale Metaplasie im distalen Ösophagus (Barrett-Ösophagus) findet sich praktisch immer beim
Tumortyp I, nur gelegentlich (in etwa 10-20% der Fälle) beim Typ II und praktisch nie beim Typ III.
- Bei den Typen II und III steht eine intestinale Metaplasie der Magenschleimhaut streng mit dem Nachweis
von Helicobacter pylori in Verbindung.
- Das Tumorgrading ist beim Typ I günstiger (G3/G4 in etwa 25% der Fälle) als bei den Typen II und III
(G3/G4 in 75% bzw. 50%). Eine Lymphknotenmikrometastasierung erscheint beim Typ I verzögert aufzutreten.
29
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
Therapiestrategie
Klassifikation
Bezüglich der T-Kategorie zeigt die Auswertung
der
Überlebenskurven
eine
treffendere
prognostische Voraussage, wenn die Ösophaguskarzinomklassifikation verwendet wird. Teilt man
die
Lymphknotenmetastasen
gemäß
dem
Ösophaguskarzinom ein, entsprechen befallene
Lymphknoten im unteren hinteren Mediastinum
und parakardial einer N1-Kategorie, während
solche am Truncus coeliacus und entlang der
großen und kleinen Kurvatur als M1lymph
einzuordnen wären. Bei einer Klassifikation des
Lymphknotenbefalls analog dem Magenkarzinom
wäre die Anzahl der befallenen Lymphknoten
entscheidend. Unter diesem Gesichtspunkt
erscheinen die UICC-/AJCC-Kriterien des
Magenkarzinoms für das Lymphknotenstaging
geeigneter.
Diagnostik
Um eine stadienadaptierte Behandlung zu
ermöglichen, ist eine systematische Diagnostik
notwendig¹).
Operatives Vorgehen
Die Operation der Wahl ist beim AEG Typ I die
subtotale Ösophagektomie. Für AEG-Typen II
und III wird die transhiatal erweiterte totale
Algorithmus der Diagnostik und Therapie bei Adenokarzinomen des
Gastrektomie
mit
Resektion
onkologisch gastroösophagealen Übergangs (AEG)1).
notwendiger Anteile des distalen Ösophagus und
Rekonstruktion durch Ösophagojejunostomie favorisiert.
Bei Frühbefunden (hochgradige Dysplasie, Frühkarzinom) wird die
Schematische
Notwendigkeit der totalen Gastrektomie bzw. subtotalen
Darstellung der ReÖsophagektomie, vor allem bei den AEG Typ I und II, in Frage
konstruktion nach
gestellt und aus onkologischer Sicht die proximale Gastrektomie
limitierter Resekund distale Ösophagusresektion diskutiert. Um Reflux aus dem
tion am ösophagoRestmagen zu verhindern, erfolgt dabei die Rekonstruktion mit
gastralen
Übereinem isoperistaltisch interponierten Jejunumsegment.
gang.
Lymphadenektomie
Nach: Stein HJ et
al. in: Management
des Ösophagus- und
des
Magenkarzinoms. Hrsg. HJ
Meyer, HJ Buhr, H
Wilke,
SpringerVerlag, 2004
Die systematische Lymphadenektomie des hinteren unteren
Mediastinums, kombiniert mit einer abdominellen D2Lymphadenektomie, gilt als Standard. Pankreasschwanz und
Milz werden bei fehlender Tumorinfiltration generell
erhalten, um die mit einer Entfernung assoziierte Morbidität
zu vermeiden.
Auch beim AEG Typ I ist die transhiatale mediastinale Lymphadenektomie zumeist ausreichend. Nur wenn
beim Barrett-Karzinom mehr als 6 regionale Lymphknoten (hinteres unteres Mediastinum bzw. perikardial)
tumorbefallen sind, ist mit einer nennenswerten Inzidienz eines subkarinalen oder oberen mediastinalen
Lymphknotenbefalles zu rechnen. Bei diesen Patienten
ist die Prognose mit alleiniger chirurgischer Therapie
auch nach ausgedehnter oberer mediastinaler
Lymphadenektomie
desolat.
Eine
präoperative
Chemotherapie ist für diese Patienten sinnvoll. Die
Überlebenswahrscheinlichkeit
lässt
sich
damit
verbessern.
10-Jh-Überlebensraten bei 1002 resezierten Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs (AEG) der TU München, unterschieden nach der
Tumorlokalsation. Ergebisse der Arbeitsgruppe Siewert, München.
1) Aus: Stein HJ et al. in: Management des Ösophagus- und des Magenkarzinoms. Hrsg. HJ
Meyer, HJ Buhr, H Wilke, Springer-Verlag, 2004.
30
Frühkarzinom
Endoskopische Mukosaresektion
Endoskopische Mukosaresektion (EMR)
Frühkarzinome (T1) des Gastrointestinaltraktes sind Tumore, die auf die Mukosa (T1m) und Submukosa (T1sm)
begrenzt sind. Die Frühkarzinome des GI-Traktes werden nach der „Paris-Klassifikation“ endoskopischmakroskopisch in drei Typen differenziert: polypoider Typ I, flacher Typ II, exulzerierter Typ III. Typ II wird weiter
in 3 Untergruppen (IIa flach erhaben, IIb im Schleimhautniveau, IIc leicht eingesenkt) unterteilt. Frühkarzinome sind
in den vergangenen Jahren zunehmend in das Zentrum des Interesses gerückt, da sie bei adäquater Therapie eine sehr
gute Prognose haben. Neben der chirurgisch-onkologischen Resektion steht in Form der EMR eine endoskopische,
lokal-ablative Therapie zur Verfügung. Die Indikation für die EMR wird durch das Risiko von
Lymphknotenmetastasen limitiert. Dieses ist insbesondere von der Infiltrationstiefe des T1-Karzinoms bestimmt.
Während bei T1m-Tumoren das Risiko für Lnn-Metastasen zwischen 0 und 4% liegt, steigt es mit zunehmender
Submukosainfiltration bis 20% an. Als limitierend für die EMR wurde daher eine sm-Infiltration von 200µm im
Ösophagus, 500µm im Magen und 1000µm im Kolon postuliert (Yamamoto S et al, Gastroenterology 2004; 51:9981000). Für eine EMR sind Frühkarzinome (Typ I, IIa, IIb) mit einem Niedrig-Risikobefund geeignet.
Low risk-Kriterien (H, Eur J Gastroenterol Hepatol 2006, 18:863-866):
ƒ hoher Differenzierungsgrad (G1-2),
ƒ fehlende Venen- und Lymphgefäßinfiltration (L0, V0)
ƒ fehlende, allenfalls oberflächliche sm-Infiltration
Die endoskopische Resektion wird in der Regel nach
Unterspritzung der Läsion mit NaCl 0,9% durchgeführt.
Dadurch wird ein Polster zwischen den Tumor und die
Muscularis propria gelegt. Die Abtragung erfolgt dann mit
einer einfachen Schlinge oder mit Hilfe einer Kappen- und
Saugtechnik. Mit diesen Methoden können Läsionen bis zu
einem maximalen Durchmesser von 2 cm en bloc reseziert
werden. Die Komplikationsraten der EMR sind niedrig.
Perforationen treten am oberen GI-Trakt in 0,06 bis 5% der
Fälle auf, Blutungen kommen in bis zu 13% der
behandelten Pat. vor. Blutungskomplikationen können in
aller Regel unmittelbar endoskopisch unter Kontrolle
gebracht werden. Größere Läsionen müssen in mehreren
Technik der EMR
A) Abtragung einer flachen Läsion mit der Schlinge
Fragmenten (Piece-Meal-Technik) abgetragen werden. Bei
B) EMR mit der Schlinge nach submucöser NaCl-Injektion
dieser Technik steigt jedoch das Risiko der inkompletten
C) EMR mit der Inoue-Kappe nach submucöse NaCl-Inj.
Tu-Entfernung und damit des Rezidivrisikos in bis zu 20%
nach Wehrmann T et al, Z Gastroenterol 2001; 39: 919-28
der Fälle deutlich an.
Risiko einesLymphknotenbefalls bei Pat. mit Zustand nach Gastrektomie und radikaler Lymphknotendissektion wegen eines Magenfrühkarzinoms (Rabenstein T. et al. Onkologe 2008;14:350-61)
Differenziertes Adenokarzinom, pL0, intramukosal (m1-m3)
Ohne Ulzerationen bei jeder Tumorgröße
Bei Ulzerationen Tumorgröße <3 cm
Differenziertes Adenokarzinom, winzige submuköse Infiltration (sm1), pL0
Ohne Ulzerationen und Tumorgröße <3 cm
Intramukosales undifferenziertes Karzinom (G3/G4), pL0, intramukosal (m1-m3)
Ohne Ulzerationen und Tumorgröße <3 cm
0/ 929 Patienten
0/1230 Patienten
0/145 Patienten
0/141 Patienten
Endoskopische submukosale Dissektion (ESD)
Eine Weiterentwicklung der EMR ist die ESD, die vor allem in Japan bei Magenfrühkarzinomen in den letzten Jahren
zunehmend durchgeführt wird. Hier werden Tumorareale nach ausgedehnter Unterspritzung zumeist mit
Hyaluronsäure oder NaCl mittels spezieller Koagulations- und Schneideinstrumente (z.B. hook-knife, IT-knife,
triangle-knife) von der Muscularis propria en bloc abpräpariert. Die ESD ermöglicht die Abtragung wesentlich
größerer Areale als die EMR, ist jedoch bislang noch mit einer höheren Komplikationsrate behaftet (Tamegai Y et al,
Endoscopy 2007; 39:418-422). Ob sich diese sehr zeitaufwendigen Techniken in Europa etablieren werden, bleibt
abzuwarte
Die endoskopische Resektion (ER) bietet eine der Chirurgie vergleichbare therapeutische Effizienz, ist
aber mit geringerer Beeinträchtigung des Patienten durchführbar und preiswerter.Die ER des mukosalen
Magenfrühkarzinoms ist in Japan inzwischen die Behandlungsmethode der Wahl.
31
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
POET-Studie, Therapieablauf
Insgesamt können bei pT3/4-Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs mit alleinigem chirurgischem
Vorgehen, nach kompletter Resektion in Form eines Zweihöhleneingriffs, nur etwa 15-25% der Patienten geheilt
werden.
Präoperative Chemo- und kombinierte Radio-/Chemotherapie mit R0-Resektion
Eine Verbesserung der R0-Resektionsrate durch eine Chemotherapie ist bei nicht resektablen Magenkarzinomen
gesichert. Auch bei distalen Ösophaguskarzinomen scheint sich dies zu bestätigen (Phase-III-Studie des britischen Medical
Research Council (MRC) Oesophageal cancer Working Party, Girling DJ Lancet 2002; 359:1727-33).
In vielen Phase-II- und randomisierten Studien wurde der Stellenwert einer präoperativ eingesetzten Radio-/
Chemotherapie (RT-ChT) mit dem Ziel der Prognoseverbesserung beim Adenokarzinom des gastroösophagealen
Übergangs untersucht. Diese Therapien sind effektiv und können in ca. 25% der Pat. eine pathologisch komplette
Remission induzieren. Nach der Metaanalyse von Gebski et al. (Lancet Oncol 2007;8:226-34,) wird das 2-JahreÜberleben nach neoadjuvanter RT-ChT und Operation um 13% im Vergleich zur alleinigen Chirurgie erhöht.
Insbesondere Patienten mit einer schlechten Prognose nach alleiniger Chirurgie profitieren von der neoadjuvanten
RT-ChT. Die individuelle Prognose hängt von verschiedenen Faktoren wie einer frühen PET- Response ab. Auch die
präoperative Chemotherapie alleine kann nach randomisierten Studien, insbesondere dem MAGIC-Trial (N Engl J
Med 355:11-20, 2006), zu einer Prognoseverbesserung beim Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs im
Vergleich zur alleinigen Chirurgie führen (M.Stuschke, GI-Oncology, Wiesbaden, 2007).
Eine Steigerung der lokalen Tumorkontrolle durch eine präoperative RT-ChT ist ebenfalls erreichbar. Die etwas
erhöhte postoperative Letalität nach Radiatio muss berücksichtigt werden. Die Bedeutung der präop. Radiatio für das
Langzeitüberleben ist jedoch noch unklar. Bisher gibt es keine Daten aus einem randomisierten Vergleich über den
Beitrag der Strahlentherapie am Behandlungsergebnis einer neoadjuvanten Therapie von AEG-Tumoren.
Die neoadjuvante RT-ChT führte im retrospektiven Vergleich mit alleiniger Operation zu höheren Überlebensraten
(Stahl M et al. Ann Hematol 1998, 77 (Suppl II): 43, A167). Im Rahmen der prospektiv randomisierten und
inzwischen abgeschlossenen POET-Studie überprüfte die German Oesophageal Cancer Study Group unter Führung
der Essener Arbeitsgruppe die neoadjuvante Chemotherapie mit einer Chemo-/Radiotherapie (5FU/Folinsäure/Cisplatin) beim Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs.
Leiter der klinischen Prüfung: PD Dr. M.Stahl, Innere Klinik I der Kliniken Essen-Mitte,
Henricistr. 92, 45136 Essen, Telefon- und Fax-Nr: 0201/174-1251 / -1255
Studiendesign
[A]
PFL1)
1
2
[B]
PFL1)
1
2
2,5
OP
R
1)
CDDP + VP
RT
Cisplatin/5-FU/Leucovorin
Therapieablauf
5-FU: 2 g/m2; Folinsäure (FA): 500 mg/m2, Cisplatin 50 mg/m2
Radio-Chemotherapie: Cisplatin: 50 mg/m2, d 1 und d 8; Etoposid: 80 mg/m2, d 3-5,
Strahlentherapie: 2 Gy/d 5 Tage / Woche, Gesamtdosis von 30 Gy im Referenzpunkt
32
OP
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
POET-Studie, Chemotherapie
Chemotherapie
Arm A, Präoperative Chemotherapie: PLF-Schema
Cisplatin
Folinsäure
5-FU
50 mg/m2
2
500 mg/m
2000 mg/m2
1 Stunde i.v.-Inf.
Woche 1, 3, 5
2 Stunden i.v.-Inf.
24 Stunden i.v. -Inf.
Woche 1, 2, 3, 4, 5, 6
Woche 1, 2, 3, 4 ,5, 6
Wiederholung: Tag 50, Applikation von 2½ Zyklen, d.h. einschließlich Tag 15 des 3. Zyklus. Operation in der Woche 21 oder 22.
Die Reihenfolge der Medikamente entspricht genau dem oben stehenden Schema (Cisplatin dann Folinsäure dann 5FU), die angegebenen Infusionszeiten sind einzuhalten. 5-FU wird über tragbare Infusionspumpen verabreicht. Zur
Durchführung der Chemotherapie ist daher die Implantation eines zentralvenösen Portsystems notwendig.
Arm B, Präoperative Chemo-/Radiotherapie
Zunächst 2 Zyklen Chemotherapie PLF wie oben, dann ab Woche 15: CE-Therapie. Die Chemotherapie
beginnt am Tag 2 der kombinierten Chemo-/Radiotherapie, idealerweise an einem Dienstag. Die
Chemotherapie wird parallel zur Radiatio nach folgendem Schema verabreicht:
CE-Schema
Cisplatin
Etoposid
50 mg/m2
80 mg/m2
1 Stunde i.v.-Inf.
1 Stunde i.v.-Inf.
Tage 2 und 8
Tage 3 bis 5
Die Reihenfolge der Medikamente und die Infusionsdauer müssen eingehalten werden.
Besteht vor Beginn der Chemo-/Strahlentherapie eine Neuro- oder Nephrotoxizität über Grad 1, so wird auf die Gabe
von Cisplatin zur Radiatio verzichtet.
Dosismodifikation
Tritt innerhalb von 24 Stunden vor einer geplanten Chemotherapie einer der folgenden Toxizitäten auf
Diarrhoe CTC-Grad 1 bis 2, Mucositis CTC-Grad 1 bis 2, Hand-Fuß-Syndrom CTC-Grad 2
Leukopenie CTC-Grad 2 (2000 bis 3000), Thrombopenie CTC-Grad 1 (75.000 bis 100.000/µl)
so wird die geplante Therapie um bis zu einer Woche verschoben, bis die nicht-hämatologischen Nebenwirkungen abgeklungen sind
bzw. bis die Leukozyten über 3000/µl und die Thrombozyten über 100.000/µl angestiegen sind. Unabhängig von der Verschiebung wird
die Chemotherapie je Therapieblock 6 mal (bzw. im 3. Block 3 mal) verabreicht.
Tritt zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb eines Therapieblocks der Chemotherapie einer der folgenden Toxizitäten auf
Diarrhoe CTC-Grad >2, Mucositis CTC-Grad >2, Hand-Fuß-Syndrom CTC-Grad >2
so erfolgt neben der o.g. Therapieverschiebung ab diesem Zeitpunkt eine Dosisreduktion von 5-FU um 20%.
Tritt zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb eines Therapieblocks der Chemotherapie einer der folgenden Toxizitäten auf
Leukopenie CTC-Grad >2 (<2000/µl), Thrombopenie CTC-Grad >1 (<75.000/µl)
so erfolgt neben der o.g. Therapieverschiebung ab diesem Zeitpunkt eine Dosisreduktion von Cisplatin um 20%.
Tritt zu irgendeinem Zeitpunkt der präoperativen Therapie folgende Toxizität auf
Neurotoxizität CTC-Grad >1, Nephrotoxizität CTC-Grad >1
wird die Gabe von Cisplatin gestoppt und die Therapie mit 5-FU/Leukovorin fortgesetzt. Die Gesamtdauer der Chemotherapie muss in
diesem Fall nach Rücksprache mit der Studienleitung festgelegt werden.
Bei Auftreten von Angina pectoris bis zu 2 Tage nach 5-FU muss ein akuter Herzinfarkt ausgeschlossen werden. Bei Abklingen der
Symptomatik und normalem EKG/Laborwerten sollte bei den nächsten Applikationen von 5-FU ein Calcium-Antagonist prophylaktisch
gegeben werden. Kommt es im weiteren Verlauf dennoch erneut zu Angina pectoris, so muss der Patient aus der Studie genommen
werden. Das weitere Vorgehen ist dann freigestellt. Die Studienzentrale ist innerhalb von 24 Studien über den Vorfall zu informieren.
Minimaler Hämoglobinwert, Erythropoetingabe
Um optimale Bedingungen für die Durchführung der Chemo-/Radiotherapie zu gewährleisten, muss während der
gesamten Dauer der präoperativen Therapie ein Hämoglobin-Wert von mindestens 12 g/dl gewährleistet sein. Dies
sollte möglichst nicht durch die Transfusion von Erythrozyten-Konzentraten erreicht werden. stattdessen ist eine
Stimulation der Erythropoese mit humanem, rekombinantem Erythropoetin durchzuführen, sobald ein Abfall des HbWertes auf 12,5 g/dl oder weniger nachgewiesen wird. Erythropoetin wird als Langzeitpräparat einmal wöchentlich
s.c. verabreicht.
Lokaler Tumorprogress
Falls während der präoperativen Therapie ein lokaler Tumorprogress nachgewiesen wird, muss die Chemotherapie
bzw. die Chemo-/Radiotherapie abgebrochen werden. In diesem Fall sollte eine vorgezogene Operation erfolgen.
33
Karzinom des ösophago-gastralen Übergangs
POET-Studie; Strahlentherapie, Operation
Radiotherapie
Präoperative Chemo-/Radiotherapie (Arm B)
Bereits während des 2. Blocks der Chemotherapie müssen die vorbereitenden Untersuchungen und die Vorstellung in
der Strahlentherapie des jeweiligen Zentrums so rechtzeitig erfolgen, dass die kombinierte Chemo-/Radiotherapie
innerhalb von 3 Wochen nach der letzten Chemotherapie (d.h. am Tag 50 bis 63 des zweiten Blocks der
Chemotherapie) beginnen kann. Eine Verzögerung um max. 1 Woche ist erlaubt, falls die Nebenwirkungen der
Chemotherapie (Leuko-/Thrombopenie, Mucositis) noch nicht vollständig abgeklungen sind oder aus technischen
Gründen ein Beginn nicht früher möglich ist. Die erste Bestrahlung im Behandlungsteil der kombinierten Chemo-/
Radiotherapie findet möglichst an einem Montag statt (Tag 1 der Chemoradiotherapie).
Zur Bestrahlungsplanung benötigte Patientendaten
Die initialen Staginguntersuchungen sind oben aufgeführt. Eine Computertomographie von Thorax und Abdomen,
eine Ösophagus-Kontrastdarstellung sowie die Befunde der Ösophagoskopie und Endosonographie müssen zur
Bestrahlungsplanung vorliegen.
Strahlentherapeutische Volumina
Das klinische Zielvolumen (CTV) enthält den Primärtumor in der ursprünglichen Tumorausdehnung vor Therapie
einschließlich nachfolgend beschriebener Sicherheitssäume und die klinisch/bildgebend befallenen Lymphknoten und
die Lymphknotenregionen mit hohem Risiko für einen subklinischen Tumorbefall. Nur im Falle eines lokalen
Tumorprogresses während der Induktionschemotherapie und dem Entschluss zur (vorzeitigen) Chemo-/Radiotherapie
schließt des CTV die Tumorausdehnung nach Chemotherapie mit einem Sicherheitssaum in allen Richtungen ein.
Zum makroskopischen Primärtumor beträgt der Sicherheitssaum 5 cm in der oralen und aboralen Richtung des
Hohlorgans sowie 2 cm in transversaler Richtung im Weichteilgewebe. Der genannte Sicherheitsabstand nach caudal
gilt nur für Tumoren des unteren Ösophagus. Bei infradiaphragmaler Tumorausdehnung beträgt der Sicherheitssaum
3 cm entlang der Schleimhautoberfläche und 2 cm transversal im Weichteilgewebe. Neben allen befallenen
Lymphknotenstationen werden folgende Lymphknotenstationen obligat ins CTV eingeschlossen, auch wenn sie
klinisch nicht befallen sind: die Lymphknoten links und rechts um die Kardia, die Lymphknoten entlang des Stammes
der linken A. gastrica und weiter entlang der kleinen Kurvatur bis zur Angulusfalte, die Lymphknoten im Bereich des
Truncus coeliacus und entlang der proximalen Anteile der A. hepatica communis und A. lienalis (bis 2 cm nach deren
Abgang) einschließlich eines Sicherheitssaumes von 1,5 cm. Das CTV endet an einer vom Tumor nicht infiltrierten
anatomischen Grenze, z.B. der äußeren Wirbelsäulenkontur oder der Pleura visceralis. Das Planungszielvolumen
(PTV) enthält das CTV plus einem Sicherheitssaum von 0,8 cm, um Lagerungsvariationen und Organbewegungen zu
berücksichtigen.
Gesamtdosis, Fraktionierung
Bestrahlt wird in konventioneller Fraktionierung mit einer Fraktion von 2 Gy pro Tag an 5 Tagen pro Woche, bis zu
einer Gesamtdosis von 30 Gy im Referenzpunkt. Die Bestrahlung sollte möglichst an einem Montag beginnen.
Bestrahlungspausen sind nicht vorgesehen. Bei Auftreten einer Mukositis > Grad 2 unter Radio(chemo)therapie wird
die Radiatio beendet. Falls eine Unterbrechung der Strahlentherapie aufgrund anderer Toxizität, interkurrenter
Erkrankung oder aus sonstigen Gründen notwendig ist, müssen die Dauer der Unterbrechung und der Grund hierfür
dokumentiert werden. Ein Dosisausgleich für Behandlungspausen ist nicht vorgesehen. Die erste Fraktion sollte nicht
an einem Freitag, die letzte nicht an einem Montag verabreicht werden.
Operation
Die konventionelle transhiatale Operation erfüllt sicherlich nicht die Forderungen
der lokalen Radikalität, so dass in dieser Studie neben der transthorakalen en blocÖsophagektomie alternativ die radikale transhiatale Ösophagektomie, fakultativ mit
Durchführung einer sog. Endodissektion, zur Anwendung kommen kann.
Die Entscheidung, welches Vorgehen nach präoperativer Chemo- oder Chemo-/
Radiotherapie gewählt wird, trifft die teilnehmende Chirurgische Klinik anhand der
innerhalb der Klinik vorliegenden Erfahrung mit der jeweiligen Methode,
insbesondere nach präoperativer Chemotherapie / Chemo-/Radiotherapie.
Lymphknotendissektion
Die exakte und systematische Lymphknotendissektion ist ein wesentlicher Teil des
chirurgischen Vorgehens. Im Rahmen des abdominellen und des thorakalen
Operationsschrittes ist eine Zweifelder-Lymphadenektomie (einschließlich StandardMediastinektomie) durchzuführen.
Resektat eines Kardiakarzinoms.
PD Dr. U. Klinge, Aachen
34
Ösophagus
Tumor
Adenokarzinom ösophago-gastraler Übergang
POET-Studie, Ergebnisse
Perioperative Chemotherapie
Ergebnisse der POET-Studie (M. Stahl et al. 43. ASCO-Meeting, Chicago, 2007, A:4511)
Die Studie wurde wegen schleppender Rekrutierung vorzeitig beendet. Geplant waren 394 Patienten. Die Studie
stützt sich auf 126 randomisierte Patienten. Die Rekrutierungszeit erstreckte sich von 12/00 bis 12/05. Die
Daten von 119 Patienten waren auswertbar. Die Toxizität war im Chemotherapiearm gering. Eine
schwergradige Leukozyten- und Thrombozytopenie fand sich in 16% gegenüber 35% in der kombinierten
Radio-/
Chemotherapie-Gruppe. Bis 12/06 wurden 90 Patienten operiert. Es lagen vollständige Daten über diese Gruppe
vor. Eine komplette Resektion wurde bei 77% im Chemotherapiearm und in 85% im Radio-/Chemotherapie
(RT-ChT)-Arm erreicht. Die Rate der kompletten histologischen Remissionen betrug 2,5% für den Arm A und
17% für den Arm B (p=0.06).
Als besonders bemerkenswert wird die Reduktion von Lymphknotenmetastasen zum Operationszeitpunkt von
2/3 nach einer Induktionschemotherapie auf 1/3 nach Radio-/Chemotherapie angesehen. Es ließ sich ein Trend
zu einem verlängerten Überleben nach RT-ChT ablesen. Die postoperative Letalität war nach neoadjuvanter
Radio-/Chemotherapie trotz niedriger Gesamtstrahlendosis von 30 Gy in konventioneller Fraktionierung im
Vergleich zur Vorbehandlung mit alleiniger Chemotherapie erhöht (5 versus 2 Pat.). Ob dieser nichtsignifikante Effekt an Prognosefaktoren lag (Pat. im Radio-/Chemotherapie-Arm waren im Durchschnitt fünf
Jahre älter als im Chemotherapie-Arm), auf die neoadjuvante Kombinationsbehandlung zurückzuführen ist oder
eine zufällige Beobachtung darstellt, kann nicht mit Bestimmtheit entschieden werden.
Verbessertes 3-Jahres-Überleben
Trotz der erhöhten Mortalität nach der RT-ChT war die mediane Überlebenszeit mit 32,8 Monaten und das 3Jahres-Überleben mit 43% besser als in der Chemotherapiegruppe (21,1 Monate bzw. 27%, p=0,14).
POET-Studie. Verbessertes histopathologisches Ansprechen und höheres Gesamtüberleben durch eine neoadjuvante Radio-/
Chemotherapie vs. alleinige Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs (M. Stahl et
al., ASCO 2007, Abstr. 4511)
Fazit
Die Studie zeigte, dass eine präoperative Radio-/Chemotherapie das Gesamtüberleben und auch das Kriterium
Freiheit von der lokalen Tumorprogression im Vergleich zur alleinigen präoperativen Chemotherapie bei lokal
fortgeschrittenen Karzinomen des oesophago-gastralen Adenokarzinoms verbessert.
Trotz der vergleichsweise kleinen Zahl von Pat. kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Studie dennoch
eine wichtige Aussage bezüglich des Stellenwertes der kombinierten RT-ChT in der neoadjuvanten Behandlung
des Karzinoms des oesophago-gastralen Übergangs erlaubt.
Durch moderne Strahlentherapietechniken können die Nebenwirkungen dieser Therapiemodalität deutlich
gesenkt werden (M. Stuschke, GI-Oncology, Wiesbaden, 2007).
POET-Studie. Histopathologische Ergebnisse
Arm A
Arm B
p
T0 N0 M0
T1-4 N0 M0
T0-4 N0 M0
T0-4 N+ M0
T1-4 N+ M1
R0-Resektio
(n=49)
(n=45)
2,0 %
34,7 %
36,7 %
55,1 %
8,2 %
70 %
15,5 %
48,9 %
64,4 %
31,1 %
4,4 %
72 %
0,03
0,01
Gibt es eine Standard-Radio-/Chemotherapie?
Das amerikanische NCCN (National Comprehensive Cancer Network (www.nccn.org) empfiehlt in seinen
Leitlinien zur kombinierten Radio-/Chemotherapie des Kardiakarzinoms neben der Bestrahlung folgende
Chemotherapien: 5-FU/Cisplatin oder Taxan- oder Irinotecan-basierte zytostatische Behandlung.
35
PET. Metabolische Responsebeurteilung
MUNICON1-Studie
PET
Die PET mit der Suchsubstanz FDG (18F-Fluor-Deoxy-Glukose) basiert auf einer szintigraphischen Darstellung eines
erhöhten Glukosestoffwechsels in Zellen maligner Tumore. Im Unterschied zu morphologisch orientierten
bildgebenden Verfahren wie CT und MRT spielt für die PET das metabolisch-molekulare Verhalten der Tumorzellen
die entscheidende Rolle für die Detektion einer Neoplasie. Die Kombination mit einer CT-Untersuchung (PET/CT)
erhöht die diagnostische Genauigkeit. Üblicherweise wird die PET zum Staging vor Therapiebeginn eingesetzt. Für
das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom liegt dafür inzwischen eine anerkannte Indikation vor.
Beim Staging des lokal fortgeschrittenen Adenokarzinoms des Ösophagus ergeben sich durch die PET-Untersuchung
in circa 15 % der Fälle therapierelevante Befunde im Vergleich zum alleinigen Kontrastmittel-CT. Diese Änderungen
betreffen eine Revision der Behandlungsstrategie, z.B. von kurativ nach palliativ oder umgekehrt (Stahl A.R.
MedWelt 2008,59:277-86).
Prä- und posttherapeutisches Staging
Wenn das PET posttherapeutisch eingesetzt wird, muss eine Wartezeit zwischen Therapieende und PETUntersuchung von mindestens 4 Wochen eingehalten werden, um behandlungsbedingte, entzündliche Veränderungen
und damit falsch positive Befunde von residualen Tumormanifestationen abgrenzen zu können. Berücksichtigt man
diese Einschränkung, entspricht ein noch erhöhtes PET-Signal in einer Zielregion in aller Regel einem vitalen
Resttumor. In der neoadjuvanten Therapiesituation wird das Ansprechen eines Tumors als einer der wichtigsten,
unabhängigen prognostischen Faktoren angesehen, vergleichbar in der Bedeutung mit dem Metastasenstatus oder
einer R0-Resektion. Neben prognostischen Informationen kann dieses posttherapeutische, so genannte späte
Monitoring, die Entscheidung über Beibehaltung oder den Wechsel der ursprünglichen Therapiestrategie
beeinflussen. Nachteil des späten Monitorings ist die fehlende Möglichkeit, in die aktuelle Therapie eingreifen zu
können.
Frühes Monitoring während einer zytotoxischen Therapie
Überlebenswahrscheinlichkeit
Beim Karzinom des ösophagogastralen Übergangs ist bereits zu einem
frühen Zeitpunkt, nämlich 2 Wochen nach Einleitung einer Chemo-und/oder
PET-Responder
Strahlentherapie eine metabolische Bewertung des Tumoransprechens
mithilfe der PET möglich. In der Studie von Ott K. et al. JCO 2006;24:4692)
erhielten alle Pat., unabhängig vom Ansprechen, 3 Zyklen einer
Chemotherapie (ChT) mit Cisplatin/5-FU/FOL. Die Responder hatten ein
PET-Non-Responder
signifikant besseres Gesamtüberleben, siehe nebenstehende Grafik. Das
Monate
metabolische Ansprechen auf eine ChT nach 15 Tagen erwies sich als das
einzige prädiktive Kriterium einer Rezidivwahrscheinlichkeit bei R0Resezieren Pat. (p= 0.018). Schlussfolgerung: Eine PET-Response während der ChT ermöglicht eine Vorhersage zum
Ansprechen, zur Prognose und zum Rezidivrisiko eines resektablen AEG-Tumors. Demnach macht die frühe
Evaluation bei einem Nicht-Ansprechen eine frühzeitige Änderung der Behandlungsplanung möglich. Diese Form
des therapeutischen Monitorings setzt ein Höchstmaß an methodischer Standardisierung voraus, um verlässliche
Resultate zu erhalten und ist deshalb nur an hochspezialisierten Zentren durchführbar.
MUNICON1-Studie
In einer Phase-II-Studie wurden potentiell 111 Pat. mit einem R0resektablen AEG-Tumor vom Typ 1 und 2 der Siewert-Klassifikation
(T3 N0/+ M0) eingeschlossen. Alle Patienten erhielten vor einer
Chemotherapie mit Cisplatin/5-FU/FOL eine PET-Untersuchung.
Nach 14 Tagen wurde das PET wiederholt. Eine Verminderung der
FDG-Aufnahme durch den Tumor ≥35 % wurde als metabolisches
Ansprechen gewertet. Eine geringere Rückbildung wurde als
Nichtansprechen interpretiert. Pat. mit einer Response erhielten vor
der Operation 3 Chemotherapiezyklus. Non-Responder wurden
sofort operiert.
Ergebnisse, Lordick F. et al. Lancet Oncology 2007;8:754.
Von den 110 auswertbaren Pat. zeigten nach 2 Wochen 49 % ein
metabolisches Ansprechen. 104 Pat. wurden operiert. Histologisch
fand sich eine Komplettremission in 16 %, bei 42 % lag eine
subtotale histologische Remissionen in der Gruppe der
metabolischen Responder vor. Darüber hinaus war ein Shift zu
niedrigen Tumorstadien unter den PET-Respondern festzustellen (ypT0 16 % , ypT1 26 % p<0.0001. Die R0Resektionsrate betrug 96 % versus 74 % für die Nicht-Ansprecher. Das mediale Überleben war für die Responder
noch nicht erreicht, für die Non-Responder betrug das mediane OS 25,8 Monate. Die Ergebnisse sind ermutigend für
eine frühe Selektion der Pat., die von einer präoperativen. Chemotherapie profitieren.
36
Magenkarzinom
ESMO-Mindestanforderungen 2008; Diagnostik
Inzidenz
Die Inzidenz des Magenkarzinoms in der Europäischen Union hat in den letzten Jahrzehnten
abgenommen und beträgt ~18,9/100.000 Einwohner/Jahr, die Mortalität liegt bei 14,7/100.000
Einwohner/Jahr mit einer 1,5-fach erhöhten Rate für Männer im Vergleich zu Frauen und mit einem
Altersgipfel in der 7. Dekade. Eine Infektion mit Helicobacter pylori erhöht das Risiko für ein
Magenkarzinom. Andere Risikofaktoren sind männliches Geschlecht, atrophische Gastritis, Rauchen,
M. Menetrier und genetische Faktoren wie hereditäres nicht-polypöses Kolonkarzinom (HNPCC).
Diagnose
Die Diagnose wird durch eine endoskopische oder chirurgische Biopsie mit histopathologischer
Sicherung entsprechend den WHO-Kriterien gestellt.
Staging
Das Staging beinhaltet die klinische Untersuchung, Laboruntersuchungen, Röntgen-Thorax, CTAbdomen und Endoskopie. Ein Barium-Breischluck ist häufig nützlich für die chirurgische Planung.
Endoskopischer Ultraschall und Laparoskopie können helfen, die Resektabilität zu bestimmen. Die
Stadieneinteilung sollte nach TNM 2002 und AJCC vorgenommen werden (siehe Tabelle).
TNM-Klassifikation 2002 und AJCC-Stadieneinteilung
Stadium 0
Stadium IA
T1
N0
N0
M0
Stadium II
T1
T2a/b
T1
T2a/b
N1
N0
N2
N1
M0
M0
M0
M0
Stadium IIIA
T3
T2a/b
T3
N0
N2
N1
M0
M0
M0
Stadium IIIB
T4
T3
N0
N2
M0
M0
Stadium IV
T4
T1-3
N1-3
N3
M0
M0
Tx
Nx
M1
Stadium IB
Tis
M0
Ein alternatives japanisches Stadieneinteilungssystem verwendet Serosainvasion anstelle von TStadium, verwendet andere Definitionen für N-Stadien und berücksichtigt das Ausmaß von
peritonealer und hepatischer Metastasierung.
Behandlungskonzept
Multidisziplinäre Behandlungsplanung ist unbedingt notwendig. Chirurgische Resektion ist die einzige
potentiell kurative Option und wird für die Stadien Tis-T3 N0-N2 M0 oder T4 N0 M0 empfohlen. Das
Ausmaß der notwendigen regionalen Lymphadenektomie für optimale Ergebnisse wird noch
diskutiert. Randomisierte Studien haben bisher keine Überlegenheit einer D2 im Vergleich zu einer D1
Resektion zeigen können, aber ein Minimum von 14, optimal mindestens 25 Lymphknoten sollen
entfernt werden.
Ann Oncol 2008; 19 (Supp.2):23-24
37
Magenkarzinom
ESMO-Mindestanforderungen 2008; Therapie
Behandlung lokalisierter Tumore (Stadium 0-II: Tis-T2, N0-N2, T3N0)
Eine nordamerikanische randomisierte Intergroup Studie zeigte, dass 5 Zyklen postoperativer adjuvanter 5FU/Leukovorin Chemotherapie vor, während und nach der Radiotherapie mit 45 Gy in fünf 1,8 GyFraktionen/ Woche über fünf Wochen zu einem ca. 15% Überlebensvorteil nach 4-5 Jahren führte [I, C].
Während dieses Vorgehen in Nordamerika Standardtherapie ist, ist es in Europa bisher nicht generell
akzeptiert wegen Bedenken hinsichtlich der Toxizität abdomineller Radio-/Chemotherapie und der Art der
erfolgten Operation. In der Studie erhielten 54% der Patienten weniger als eine D1-Resektion, das heißt bei
der Mehrheit der Patienten wurden nicht alle N1-Lymphknoten reseziert.
Die europäische MAGIC-Studie randomisierte neu diagnostizierte Patienten mit Adenokarzinom des
Magens oder ösophago-gastralen Übergangs im Stadium II oder höher, aber nicht metastasiert, in einen
Arm mit alleiniger Operation oder in einen Arm mit drei Zyklen Chemotherapie mit Epirubicin, Cisplatin
und kontinuierlicher 5-FU Gabe (ECF) vor und nach der Operation. Erhöhte R0-Resektionsraten und
verbessertes progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben, nach 5 Jh. von 23 % auf 36,3%, konnten
für den perioperativen Chemotherapie-Arm gezeigt werden. Diese Daten wurden von der französischen
FFCD-Studie bestätigt und sind in weiten Teilen Europas übernommen worden.
Metaanalysen verschiedener Studien zeigten für die adjuvante Chemotherapie einen kleinen
Überlebensvorteil [III, C], obwohl die einzelnen Studien keinen Überlebensvorteil für postoperative
Chemotherapie zeigen konnten. Hinzu kommt eine ausgeprägte Toxizität der postoperativen
Chemotherapie, daher ist eine sorgfältige Patientenauswahl nötig. Ermutigende Ergebnisse hat die
japanische Studie an 1059 Pat. gebracht, die im randomisierten Vergleich einen signifikanten
Überlebensgewinn für die über 12 Monate mit der Substanz S1-behandelten Pat. gegenüber der
Kontrollgruppe erbracht hat.
Behandlung der lokal fortgeschrittenen Tumore (Stadium III: T3-4; N1)
Einige Patienten mit lokal fortgeschrittener Tumorerkrankung profitieren von der präoperativen
Chemotherapie durch ein down-staging und bessere Resektionsergebnisse, jedoch sind die Resultate der
Phase-II-Studien konfliktreich, so dass keine optimale Behandlungsmethode definiert werden konnte [II,
B].
Die Therapie für Patienten mit inkompletter Resektion ist eine palliative.
Behandlung der metastasierten Tumorerkrankung (Stadium IV)
Kombinationsschemata mit Cisplatin, 5-FU, mit oder ohne Anthrazyklin werden eingesetzt. Epirubicin
50mg/m2, Cisplatin 60mg/m2 und protrahierte 5-FU-Infusion 200mg/m2/Tag (ECF) sind eine effektive und
gut tolerierte Kombination [II, A]. Docetaxel steigert die Aktivität von Cisplatin/5-FU, ist jedoch stärker
toxisch. Irinotecan/5-FU/Folinsäure ist ähnlich wirksam wie Cisplatin/5-FU.
Eine aktuelle Metaanalyse zeigte einen Überlebensvorteil für Drei-Medikamente-Regime, die sowohl ein
Anthrazyklin als auch Cisplatin enthielten, im Vergleich zu Zwei-Medikamente-Regime, die eine der
beiden Substanzen wegließen. Nach den Daten der REAL2-Studie wird ECX oder EOX in vielen Zentren
Europas favorisiert, da diese Regime ein Portsystem entbehrlich machen.
Nachsorge
Es gibt keinen Nachweis, dass ein intensives follow-up nach initialer Behandlung ein besseres outcome
bringt. Symptomorientierte Untersuchungen werden empfohlen [D]. Gezielte laborchemische und
radiologische Untersuchungen sollten bei Patienten mit konkretem Verdacht auf Rezidivgeschehen
eingesetzt werden. Radiologische Untersuchungen sollten bei den Pat. durchgeführt werden, für die eine
palliative Chemo- oder Radiotherapie in Betracht kommt.
Anmerkung
Die Angaben bezüglich Level of Evidence [I-V] und Grade of Recommendation [A-D] stimmen mit den
Empfehlungen der American Society of Clinical Oncology überein. Andere Angaben beziehen sich auf
klinisch geprüfte Expertenmeinungen und die ESMO.
Ann Oncol 2008; 19 (Supp.2):23-24
38
Magenkarzinom
Häufigkeit, Histologie
Häufigkeit
Inzidenz pro 100.000 E.
Die Inzidenz des Magenkarzinoms ist in den letzten 50 Jahren in
westlichen Industrienationen rückläufig. Derzeit beträgt die Häufigkeit
in Deutschland 25/100.000 für Männer, 10/100.000 für Frauen neue
Erkrankungen pro Jahr (Fuchs CS et al. N Engl J Med 1995; 333:32-41).
Während die Häufigkeit distaler Magenkarzinome deutlich
abgenommen hat, ist in den letzten 20 Jahren eine Zunahme von
Karzinomen der Kardia und des ösophago-gastralen Überganges zu
verzeichnen. Eine Ursache dafür wird in der Refluxkrankheit gesehen,
die für diesen Typ eine Präkanzerose darstellt.
Histologie
Über 90 % aller malignen Magentumore sind Adenokarzinome. Bei den
restlichen Tumoren handelt es sich um Non-Hodgkin-Lymphome und
GIST-Neoplasien. Für die Adenokarzinome ist die Einteilung nach
Laurén von praktischer Bedeutung. Danach werden unterschieden ein
intestinaler und diffuser Typ.
Karzinome vom intestinalen Typ weisen histologisch einen
drüsenartigen, tubulären Bau auf, sind makroskopisch oft ulzerierend
und häufiger distal im Magen lokalisiert. Karzinome vom diffusen Typ
sind öfter in der Kardia anzutreffen, kommen häufiger bei jüngeren
Menschen vor und weisen eine schlechtere Prognose auf als Karzinome
vom intestinalen Typ. Histologisch findet sich eine diffuse Infiltration
der Magenwand.
Häufigkeit und rückläufige Mortalität des
Magen-Ca in Deutschland. Quelle: Ges. epidemiologisches Krebsregister in Deutschland.
Magenkarzinom
Links: Intestinaler Typ mit gut
ausgeformten malignen glandulären
Elementen
Rechts: Diffuser Typ, kein tubuläres
Muster, stärkere szirrhöse Komponente
Der histologische Laurén-Typ hat eine praktische Bedeutung für das chirurgische Vorgehen. Beim intestinalen Typ
reicht das Tumorwachstum nur wenige Millimeter über den makroskopisch erkennbaren Tumorrand hinaus.
Demgegenüber kann beim diffusen Typ die Ausbreitung bis zu 10 cm über den erkennbaren Rand hinaus in die
scheinbar intakte Magenwand reichen. Aus diesem Grunde ist beim diffusen Typ im Allgemeinen die Gastrektomie
das Operationsverfahren der Wahl, während beim intestinalen Adenokarzinom eine eingeschränkte Resektion
möglich sein kann, vor allem bei einem distalen Sitz.
Makroskopische Erscheinungsformen nach Borrmann
1. Vorwiegend exophytisch wachsende, meist breitbasige polypöse Karzinome mit knolliger, papillärer,
blumenkohlartiger oder zottiger Oberfläche.
2. Karzinome mit zentraler schüsselförmiger Exulzeration mit steilen wallartig aufgeworfenen Rändern und relativ
scharfer Abgrenzung zur Umgebung.
3. Karzinome mit zentraler Exulzeration ohne wallartig aufgeworfene Ränder und mit unscharfer Abgrenzung zur
Umgebung.
4. Diffuse Tumorinfiltration der Magenwand.
Magenfrühkarzinom
Unter einem Frühkarzinom („early cancer“) versteht man ein auf die Mukosa oder die Submukosa beschränktes
Magenkarzinom. Es kann sich um einen diffusen oder intestinalen Typ handeln. Die häufigste Erscheinungsform des
Magenfrühkarzinoms ist das Ulkus mit fokaler Mukosadyskoloration und Schleimhautexkavation am Rand.
Verwechslungen mit einem benignen Ulkus sind möglich. Magenfrühkarzinome können multifokal auftreten und
lymphogen in regionäre Lymphknoten metastasiert sein, allerdings nur dann, wenn sie eine Ausdehnung bis in die
Subkutis aufweisen.
39
Magenkarzinom
Präkanzeröse Bedingungen
Präkanzeröse Bedingungen (Präkanzerosen im weiteren Sinne)
•
•
•
•
•
•
•
•
Adenome der Magenschleimhaut
Hyperplastische Polypen:
In Verbindung mit Magenkarzinomen werden in 2% synchron auftretende
hyperplastische Polypen gefunden.
Peutz-Jeghers-Syndrom:
Gehäufte Manifestation maligner Tumore innerhalb und außerhalb des
Gastrointestinaltraktes.
Morbus Ménétrier
Vorausgegangene Magenresektion vom Typ Billroth II
Chronische atrophische Gastritis vom Perniziosatyp: Karzinomrisiko 3 - 4mal erhöht
Intestinale Metaplasie
Infektion mit Helicobacter pylori: Karzinomrisiko um den Faktor 3.6-6 erhöht,
etwa 60% der Magenkarzinome werden durch HP-Infektionen induziert.
Für das Adenokarzinom des distalen Ösophagus stellt die Refluxkrankheit die häufigste Ursache dar.
Präkanzeröse Läsionen im engeren Sinne
sind histologisch fassbare Gewebsveränderungen mit erhöhtem Karzinomrisiko. Diese besitzen ein höheres
Entartungsrisiko als präkanzeröse Konditionen.
Die Dysplasie ist definiert durch das Auftreten von Zellatypien, abnormer Gewebsdifferenzierung und Architektur
bei fehlender Invasion und signifikant erhöhtem Entartungsrisiko. Die Dysplasie spielt als Vorläufer des Karzinoms
im Sinne der Dysplasie-Karzinom-Sequenz die entscheidende Rolle. Den Schweregraden nach kann eine leichte,
mittelschwere und schwere Dysplasie unterschieden werden, wobei das Entartungsrisiko direkt mit dem Schweregrad
der Dysplasie korreliert. Die geringe und mittlere Dysplasie kann als low-grade dysplasia zusammengefasst und der
schweren Dysplasie als high-grade dysplasia gegenübergestellt werden.
Formen der Dysplasie
• Schwere Formen der chronisch-atrophen Gastritis (Helicobactergastritis, autoimmune Gastritis bei perniziöser Anämie,
reaktiv chemisch-toxische Gastritis bei Gallereflux) +/– intestinaler Metaplasie
• Intestinale Metaplasie (reife intestinale Metaplasie = Dünndarmtyp; unreife intestinale Metaplasie = Kolontyp;
Entartungsrisiko v.a. bei Kolontyp)
• Riesenfaltengastritis (Morbus Ménétrier): extrem selten
• Ulcus pepticum ventriculi (maligne Entartung selten; unter 1%, meist primäre Magenkarzinome mit sekundärer
Exulzeration)
• Hyperplasiogener Polyp nach Elster (besitzt selbst keine präkanzeröse Potenz; sein Auftreten ist aber mit einer erhöhten
Magenkarzinominzidenz assoziiert)
Praktisches Management der Präkanzerosen
Gastroskopien in folgenden Zeitintervallen:
•
Präkanzeröse Bedingungen: alle 3-5 Jahre.
•
M. Ménétrier, Perniziosa, Zustand nach subtotaler Resektion wegen Magenkarzinom während der
ersten 5 Jahre alle 1-2 Jahre, danach alle 3-5 Jahre.
•
Präkanzeröse Läsion: Halbjährlich, nach Entfernung eines Adenoms, ab dem 2. Jahr jährlich.
Chronisch-atrophische Gastritis. Starke Rarefizierung der
Schleimhautfalten
M.Ménétrier. Hyperplastische Schleimhautfalten.
40
Magenkarzinom
Diagnostik, Empfehlung Deutsche Krebsgesellschaft
Die klinische Symptomatik des Magen-Ca ist uncharakteristisch. Da durch eine frühe Diagnosestellung die Prognose
entscheidend verbessert wird, ist die Indikation zur Gastroskopie großzügig zu stellen. Oberbauchbeschwerden von
mehr als 14 Tage Dauer sind eine Indikation für eine endoskopische Untersuchung. Die Ösophago-GastroDuodenoskopie (ÖGD) ist der Röntgenuntersuchung wegen der Möglichkeit der Biopsiegewinnung überlegen.
5 bis 10 Biopsien liefern eine Trefferquote von 98 % gegenüber 70% bei der Entnahme nur einer Biopsie.
Präoperative Diagnostik, Staging1)
Obligate Basisdiagnostik
• Klinische Untersuchung (supraklavikuläre Lymphknotenvergrößerung, Aszites, intraabdomineller
Tumor)
• Rö.-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen
• Ösophago-Gastro-Duodenoskopie mit multiplen (5-10) Biopsien
• Endosonographie (Tiefeninfiltration, Lymphknotenmetastasen)
• Sonographie des Abdomens und kleinen Beckens
• Computertomogramm Abdomen (bei unklarem sonographischem Befund, Verdacht auf Metastasen
in der Leber, den Ovarien u.a., Beurteilung des lokoregionären Tumorwachstums vor
Chemotherapie)
• Laparoskopie, bei Verdacht auf Peritonealkarzinose, zur Beurteilung der Resektabilität vor geplanter
neoadjuvanter Therapie. Letztere Untersuchung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Siehe
Flussdiagramm Therapiestrategie
• Tumormarker (CA 72-4, CA 19-9, CEA, Bestimmung mindestens eines Markers)
Im Einzelfall nützliche Untersuchungen
• Doppelkontrastuntersuchung bei unklarem endoskopischem Befund,
wachsendem
Karzinom (Linitis plastica)
• Computertomographie Thorax (bei Verdacht auf Lungenmetastasen)
z.B.
bei
submukös
Patho-histologische Diagnostik
Die präoperative Biopsiediagnostik erfordert eine Differenzierung zwischen Karzinom und Lymphom. Für die
Abgrenzung undifferenzierter und kleinzelliger Karzinome von malignen Lymphomen sind immunhistologische
Untersuchungen von Bedeutung. Bei Karzinomen ist an der präoperativen Biopsie eine Differenzierung bezüglich des
intestinalen oder diffusen Typs vorzunehmen. Entsprechend der WHO-Klassifikation sind Karzinome, die sowohl
Strukturen eines intestinalen als auch eines diffusen Typs aufweisen, für die therapeutische Entscheidung als
Tumoren vom diffusen Typ zu klassifizieren.
Schnellschnitt
Eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung ist dann indiziert, wenn davon die weitere operative Vorgangsweise
abhängt (z.B. die Untersuchung chirurgischer Resektionsränder und Lymphknoten auf Tumorfreiheit oder eine
fragliche Infiltration eines Nachbarorganes mit eventuell notwendiger Erweiterung des Eingriffs). Die histologische
Verifikation einer diffusen Peritonealkarzinose im intraoperativen Schnellschnitt ermöglicht die Einschränkung des
operativen Vorgehens auf einen Palliativeingriff.
Histologische Untersuchung des Resektates
Forderungen der Klinik an den histo-morphologischen Bericht: Der Bericht muss eindeutige Angaben zu folgenden
Kriterien enthalten:
- Tumorgröße
- Lymphknotenstatus
- Histologische Wuchsform nach Laurén
- Histologischer Malignitätsgrad
- Daten zur R-Klassifikation an den Resektionslinien
• oral
1)
• aboral • Halteapparat • Nachbarorgan
Kurzgefasste interdisziplinäre Leitlinien 2006, W. Zuckschwerdt Verlag, München, 2006
41
Magenkarzinom, Diagnostik
Endosonographie
Die Indikation zur endoskopischen Ultraschalldiagnostik (EUS) bei der Diagnostik maligner Erkrankungen liegt
vorzugsweise im lokoregionären Tumorstaging (T- und N- Kategorie) gastrointestinaler Tumore des Ösophagus,
des Magens und des Dickdarms, insbesondere des
Rektums, sowie auch pankreatobiliärer Tumoren.
Darüber hinaus bestehen Indikationen in der
Primärdiagnostik submuköser Neoplasien. Benutzt
werden neben Radial- und Linearscannern mit
Ultraschallfrequenzen von 5 bis 12 MHz MiniSonden,
die
sich
über
den
Arbeitskanal
konventioneller Endoskope einführen lassen und bei
Frequenzen von 12 bis 30 MHz insbesondere zur
Differenzierung mukosaler Prozesse geeignet sind.
Durch
Kombination
mit
einer
gezielten
Feinnadelpunktion lässt sich im Einzelfall eine weitere
Steigerung der diagnostischen Aussagekraft erzielen.
Endosonographie des Magens. Normalbild. Magen mit
Die Möglichkeit durch EUS die verschiedenen
Flüssigkeit gefüllt. In der Bildmitte das Endoskop mit einem
Ballon über der Gerätespitze. Normale Schichten
der
Schichten der Wand des Gastrointestinaltraktes
Magenwand. Aufnahme: Prof. E. Roeb, RWTH Aachen.
sichtbar zu machen, hat sich vor allem auch für das
präoperative lokoregionäre Staging intestinaler
Karzinome als sinnvoll und auch notwendig erwiesen. Bedingt durch die geringe Eindringtiefe des
hochfrequenten Ultraschalls lassen sich T- und N- Stadium meist gut, das Ausmaß einer eventuellen
Fernmetastasierung (z. B. in die Leber) jedoch kaum beurteilen.
Treffsicherheit des lokoregionären Staging
Entscheidend für die richtige Behandlungsstrategie ist eine korrekte T- und N- Klassifikation der malignen
gastrointestinalen Tumore. Dies gelingt in der Regel durch EUS zuverlässiger und auch meist kostengünstiger
als durch andere bildgebende Verfahren, insbesondere das CT oder die MRT.
Ösophagus CA
Magen CA
Rektum CA
Pankreas CA
n
T- Stad. EUS
T- Stad. CT
N- Stad. EUS
N- Stad. CT
339
325
419
235
85%
87%
84%
85%
58%
39%
68%
49%
75%
78%
94%
74%
54%
56%
60%
47%
(Nach Rösch und Classen, in: Hahn, Riemann: Klinische Gastroenterologie, 3. Aufl.)
Bei der Festlegung der Tumorinfiltrationstiefe und des Lymphknotenstatus werden von geübten Untersuchern
Genauigkeiten von 80–90% bzw. 70–80% erzielt. Von besonderer Bedeutung für das chirurgische Vorgehen ist
der Nachweis einer Infiltration anderer Organe wie z. B. des Pankreas oder der Leber. Anhaltspunkte für eine
Peritonealkarzinose können indirekt über den Nachweis auch kleinster Aszitesmengen diagnostiziert werden.
Zu bedenken ist die Möglichkeit eines „Overstagings“, das durch peritumoröse entzündliche oder fibrosierende
Veränderungen bei etwa 15% der Fälle, insbesondere bei T2-Karzinomen und ulcerierenden
Magenfrühkarzinomen, beobachtet wird. Ein Overstaging wurde bei bis zu 70% der neoadjuvant
chemotherapierten Ösophaguskarzinome (92% Adeno-Ca, 8% Plattenepithel-Ca) beschrieben. Ein Understaging
in dieser Situation fand sich bei nur 4%, so dass die Genauigkeit des T-Stagings lediglich noch 29%, die des NStagings 58% betrug.
Klinische Anwendung des EUS im Rahmen des Tumorstagings
Der EUS stellt inzwischen im Rahmen differenzierter Therapiekonzepte eine unverzichtbare Methode der
prätherapeutischen Diagnostik der malignen Tumore des Ösophagus, des Magens und des Rektums dar. Dies
betrifft zum einen verschiedene Resektionsverfahren (endoskopische oder minimal invasive Resektion von
Frühkarzinomen versus konventionelle Chirurgie bei T2 – T4-Tumoren) und zum anderen multimodale
Therapiekonzepte, die bei lokal fortgeschrittenen, aber nicht fernmetastasierten Stadien, eine präoperative
Radio- und/oder Chemotherapie mit dem Ziel eines „Down-Staging“ vorsehen. Ob dies letztlich zu einem
verbesserten Behandlungserfolg führen wird, bleibt abzuwarten und ist Gegenstand aktueller Studien.
42
Magenkarzinom
TNM–Klassifikation (UICC/AJCC 2002)
T - Primärtumor
TX - Primärtumor nicht beurteilbar
TO - Kein Anhalt für Primärtumor
Tis - Carcinoma in situ: intraepithelialer Tumor
ohne Infiltration der Lamina propria
T1a - Invasion der Lamina propria
1b - Invasion der Submukosa
T2a - Invasion der Muscularis propria
2b - Invasion der Subserosa
T3 - Tumor penetriert Serosa (viszerales
Peritoneum), aber nicht benachbarte
Strukturen.
T4 - Tumor infiltriert benachbarte Strukturen
Magenkarzinom. T-Kriterien nach UICC.
N - Regionäre Lymphknoten
Die Überarbeitung der TNM-Klassifikation 1997 hat
gegenüber der Version von 1992 eine Änderung in der
Klassifikation
der
regionären
Lymphknotenmetastasen ergeben. Ausschlaggebend
ist in der aktuellen Einteilung nicht mehr die Distanz
zum Primärtumor (N1: <3cm, N2: >3cm), sondern die
Zahl der befallenen Lymphknoten:
NX NO N1 N2 N3 -
Regionäre Lymphknoten nicht beurteilbar
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
Metastasen in 1–6 regionären Lymphknoten
Metastasen in 7– 5 regionären Lnn.
Metastasen in mehr als 15 regionären Lnn
Epithel
Lamina propria mucosae
Muscularis mucosae
Submucosa
Muscularis propria
m1 Keine Infiltration der Basalmembran
m2 Infiltration der Mukosa
m3 Infiltration der Muscularis mucosae
sm1 Infiltration der Submukosa oberes Drittel
sm2 Infiltration der Submukosa mittleres Drittel
sm3 Infiltration der Submukosa unteres Drittel
Murata et al. Endoscopy 2003;35:429-36
Magenfrühkarzinom T1, Tis. Mucosa (m), Submucosa (sm)-Klass.
Definition
der
Lymphknotenkompartimente des Magens
Kompartiment I :
Lnn-Gruppen 1-6 der japanischen Nomenklatur.
Perigastrische Lnn entlang der kleinen Kurvatur, einschließlich rechtsseitiger kardialer
und suprapylorischer Lnn, sowie der perigastrischen Lnn an der großen Kurvatur,
eingeschlossen die linksseitigen kardialen und infrapylorischen Lnn.
Kompartiment II :
Gruppen 7-11 der japanischen Nomenklatur.
Lnn entlang der Aa. gastrica sinistra,
Tr. coeliacus und im Lig. hepatoduodenale.
Kompartiment III:
hepatica
communis,
lienalis,
des
Gruppen 12 ++ der japanischen Nomenklatur.
Lnn retropankreatisch, mesenterial und paraaortal.
Für eine suffiziente Bewertung des perigastralen Nodalstatus wird von onkologischer Seite die histologische Untersuchung von
mindestens 25 der en bloc entnommenen Lymphknoten nach einer D2-Dissektion gefordert.
Lymphknoten der Kompartimente I und II werden als regionäre Lymphknotenmetastasen gewertet, diejenigen des Kompartimentes III
als Fernmetastasen.
M-Fernmetastasen
MO M1a 1b 1c -
Keine Metastasen
Metastasen nur in nicht-regionären Lnn
Metastasen an anderen Lokalisationen außer Peritoneum und Pleura
Metastasen an Peritoneum und Pleura
43
Magenkarzinom
Stadieneinteilung (UICC/AJCC 2002)
5-Jahres-ÜL-Raten % 1)
1)
Stad. IA
T1
N0
M0
85,2
Stad. IB
T1
T2
N1
N0
M0
M0
69,2
Stad. II
T1
T2
T3
N2
N1
N0
M0
M0
M0
43,7
Stad. IIIA
T2
T3
T4
N2
N1
N0
M0
M0
M0
28,6
Stad. IIIB
T3
N2
M0
17,7
Stad. IV
T4
jedes T
jedes T
N 1, 2
N3
jedes N
M0
M0
M1
8,7
Österreichische Gesellschaft für Chirurgie
Anmerkungen
Ein Tumor kann sich über die Muscularis propria in das Ligamentum gastrocolicum oder hepatogastricum oder in das
große oder kleine Netz ausbreiten, ohne das viszerale Peritoneum zu penetrieren. In diesem Falle wird der Tumor als T2b
klassifiziert. Findet sich eine Perforation des viszeralen Peritoneums über den gastrischen Ligamenten oder dem großen
oder kleinen Netz, ist der Tumor als T3 einzustufen.
Benachbarte Strukturen des Magens sind: Milz, Kolon transversum, Leber, Zwerchfell, Pankreas, Bauchwand,
Nebennieren, Niere, Dünndarm und Retroperitoneum.
Die intramurale Ausbreitung im Duodenum oder Ösophagus wird nach der tiefsten Infiltration in diesen Organen beurteilt.
R - Klassifikation - (postoperatives Ergebnis. R steht für Residualtumor)
R0
R1
R2
Kein residueller Tumor
Mikroskopisch residueller Tumor
Makroskopisch residueller Tumor
Beachte: R steht für
Residualtumor, nicht für
Resektionsrand,
siehe die
D – Klassifikation (D steht für Dissektion)
D1-Resektion:
D2-Resektion:
D3-Resektion:
Lymphadenektomie des Lymphknotenkompartiments I
Lymphadenektomie des Lymphknotenkompartiments II
Lymphadenektomie des Lymphknotenkompartiments III
Histologisches Grading nach BRODER (AJC)
Die WHO unterscheidet bei den Adenokarzinomen hoch-, mittel- und niedrigdifferenzierte Tumore, wobei hoch- und
mitteldifferenzierte als niedriger Malignitätsgrad und niedrig differenzierte als hoher Malignitätsgrad aufgefasst werden.
Diese Gradingstufen der WHO entsprechen prinzipiell den Gradingstufen der UICC und werden mit G1 bis G3 bezeichnet.
Die UICC gibt zusätzlich noch einen Grad 4 an, der dem undifferenzierten Karzinom nach WHO entspricht.
G1:
gut differenziertes Karzinom
G2:
mäßig gut differenziertes Karzinom
G3:
G4:
schlecht differenziertes Karzinom
undifferenziertes (anaplastisches) Karzinom
44
Magenkarzinom
PHNS-Klassifikation (Japan)
Die Japanese Research Society for Gastric Cancer hat ein eigenes Klassifikationssystem für
Magenkarzinome entwickelt.
Die T-Kriterien sind mit denen der UICC identisch.
Daneben wird jedoch die Beziehung zu prognosebestimmenden Strukturen genau definiert.
P - Peritoneum
P0 P1P2 P3 -
Kein Hinweis für peritoneale Aussaat
Peritonealer Befall, limitiert auf die suprakolische Region einschließlich des großen Netzes, nicht des
Diaphragmas
Kleine Zahl von Knötchen unterhalb des Mesokolons mit oder ohne Diaphragmabeteiligung
Zahlreiche Knötchen unterhalb des Mesokolons oder auf dem Diaphragma
H - Leber
H0 H1 H2 H3 -
Keine Lebermetastasen
Metastasen begrenzt auf einen Leberlappen
Kleine Zahl von Metastasen in beiden Leberlappen
Viele Metastasen in beiden Leberlappen
N - Lymphknoten
N0 N1 N2 N3 N4 -
(siehe Blatt, Klassifikation der loko-regionalen Lnn.)
5-Jahres-ÜL-Rate 1)
84 %
47 %
25 %
11 %
7%
Kein Lnn-Befall
Lnn-Befall Gruppe 1 : Lnn-Nr. 1 - 6
Lnn-Befall Gruppe 2 : Lnn-Nr. 7 – 11
Lnn-Befall Gruppe 3 : Lnn-Nr. 12 - 14, 110, 111
Lnn-Befall jenseits Gruppe 3
S – Serosa
S0 S1 S2 S3 -
Keine Serosainvasion
Verdacht auf Invasion
Sichere Serosainvasion
Invasion benachbarter Organe und Strukturen
82 %
48 %
26 %
9%
Seitens des Pathologen ist bei der histologischen Präparataufarbeitung vor allem auch auf den Serosadurchbruch
sowie auf eine repräsentative Anzahl histologisch untersuchter Lymphknoten zu achten. Eine definitiv festgelegte
Mindestanzahl von histologisch verifizierten Lymphknoten liegt noch nicht vor. 25-30 histologisch untersuchte
Lymphknoten bei Gastrektomien und circa 15-20 bei subtotalen, distalen Resektionen können jedoch als Richtwerte
im Sinne der Qualitätssicherung angesehen werden.
Ergebnisse: Japanese Histological Staging of Gastric Cancer
Stadium
2)
5-J.-Überlebensrate
Stad. I
PO
HO
NO
SO
95 %
Stad. II
PO
HO
N1
S1
62 %
Stad. III
PO
HO
N2
S2
33 %
Stad. IV
P1, 2, 3
H1, 2, 3
N3, 4
S3
10 %
1)
2)
GILES, G.R. in: Cancer of the stomach, Grune & Stratton, 1986, pg 89-105
CRAVEN, J.L. in: Cancer of the stomach, Grune &Stratton, 1986, pg 165
45
Magenkarzinom
Klassifikation der lokoregionären Lymphknoten
Schematische Darstellung der perigastralen Lymphknoten
Aus: M. Nishi, Cancer of the
stomach, Grune & Stratton, 1986
Nr.
Lokalisation
Nr.
Lokalisation
1
Rechts der Kardia
8b
Unterhalb der A. hepatica communis
2
Links der Kardia
9
Um die A. coeliaca
3
Entlang der kleinen Kurvatur
10
Im Milzhilus
4
Entlang der großen Kurvatur
11
Entlang der A. lienalis
4 sa
Entlang der großen Magenarterien
12
Im Lig. hepaticoduodenale
4 sb
Entlang der li. A. epiploica
13
Auf der ventralen Seite des Pankreas
4d
Entlang der re. A. epiploica
14
Um die Mesenterialwurzel
5
Suprapylorisch
15
Entlang der A. colica medialis
6
Infrapylorisch
16
Paraaortal
7
Entlang der li. A. gastrica
110
Paraösophageal im unteren Thoraxbereich
8
Entlang der A. hepatica communis
111
Im Diaphragma
8a
Oberhalb der A. hepatica
communis
46
Magenkarzinom
Therapiestrategie - Flussdiagramm
Schematische Darstellung der Behandlung eines Magenkarzinoms unter kurativer oder palliativer
Zielstellung. (Aus: Onkologe 2001; 7: 603)
Magenkarzinom
Gastroskopie & Biopsie: Magenkarzinom
cT1 N0, cT1 N1, cT2 N0;
M0
Staging
Staging
Staging
Staging
Laparoskopie
Laparoskopie
Laparoskopie
Laparoskopie
cT1 N0, cT1
cT1
N1,N0,
cT2cT1
N0;N1,
cT2M0
N0; M0
T1 N2, T2 N1, T3 N0,
T2 N2, T3 N1, T4 N0,
T3 N2, T4 N1-2; M0
3 x ECF Chemoth.
präoperativ
Gastrektomie
3 x ECF Chemoth.
postoperativ
Empfehlung 2007
Grundsätzlich ist der angegebene DiagnostikBeachte:
und Therapieablauf noch gültig. Folgende
1. Jeder Patientwird
mit einem
histologisch gesicherten
Modifikation
empfohlen:
Magen-CA sollte präoperativ in einem
1. multidisziplinären
Jeder Patient mit
einem histologisch
geTumorboard
vorgestellt
sicherten
sollte präoperativ
in einem
werden Magen-CA
und einen multimodalen
Behandlungsplan erhalten, wenn sinnvoll.
multidisziplinären
Tumorboard vorgestellt
werden
undder MAGIC-Studie
einen multimodalen
Behand2. Die Daten
(siehe dort)
sind so
lungsplan
erhalten,
überzeugend,
dass wenn
jedem sinnvoll.
Patienten mit einem
Behandlungskonzept
(Stad.II/III)
2. kurativen
Die Daten
der MAGIC-Studie
(siehe eine
dort)
präund
postoperative
Chemotherapie
mit demmit
sind so überzeugend, dass jedem Patienten
ECF-Schema
angeboten werden
soll.
einem
kurativen
Behandlungskonzept,
Stad.II/III,
eine
prä- und
postoperative
3. Bezüglich der
Chemotherapie
gilt: Capecitabin
ist
Chemotherapie
mit
dem
ECF-Schema
wirkungsgleich mit infusionalem 5-FU
angeboten werden sollte.
47
Frühkarzinom
T1m, T1sm-Tumor. Therapiestrategie
Diagnostik und Therapie der frühen Stadien
Algorithmus aus: Der Onkologe 2008,330
Magenkarzinom
Rationale Diagnostik und Therapie
Frühe Tumorstadien
Endoskopie + Biopsien
Diagnosesicherung: Magenkarzinom
Abdorninale Sonographie
Kein Hinweis für Fernmetastasen
Endosonographie (EUS)
Verdacht auf Magenfrühkarzinom (uT1)
uT1
m/sm1
EMR/ESD
uT1>sm1
uT2
konventionelle
Resektion
R 1/2
R0
Nachsorge
EMR: Endoskopische Mükosaresektion
T1-Karzinome
Für den Therapieentscheid in den frühen Stadien ist wesentlich, ob eine Infiltration der Submukosa vorliegt oder
nicht.
Die
beste
diagnostische
Information gibt die Endosonographie
mit einem Hochfrequenz Schallkopf über
eine Minisonde (20 MHz). Grundsätzlich
gilt: Bei einer Invasiontiefe, die auf die
Mukosa beschränkt ist, stellt heute die
endoskopischen Mukosaresektions die
Behandlungsmethode dar. Ist bereits die
Submukosa tumorinfiltriert, besteht mit
einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20 %
eine Lymphknotenmetastasierung. Aus
diesem Grunde ist in diesem Fall eine
konventionelle
operative
Tumorentfernung erforderlich.
48
Magenkarzinom
Stadienabhängige Therapiestrategie
Stadienbezogene Therapiestrategie des Magenkarzinoms
Stad. I
Stad. II
Stad. III; VI A*
*(T1-3,N3,M0)
Stad. IV B*
*(Tx,Nx,M1)
Lokale Tumorexzision, wenn möglich endoskopisch, keine Lnn-Dissektion.
Präoperative Chemotherapie mit drei Zyklen ECF. Gastrektomie mit D2-Lnn-Dissektion,
bei distalem Sitz evtl. 4/5-Resektion. Postoperative Chemotherapie mit 3x ECF.
Down-Staging durch neoadjuvante Chemotherapie (3x ECF oder ähnliches Schema).
Sekundäre Op. Postoperativ adjuvante Chemotherapie, 3x ECF. Im Falle einer
R1-Resektion und Unmöglichkeit einer Nachoperation postoperative Radio-/
Chemotherapie entsprechend dem SWOG-Protokoll (siehe dort), aber mit einer zeitgemäßen
Chemotherapie, z.B. Capecitabine/Cisplatin
Palliative Behandlungsstrategie nach individuellen Erforderlichkeiten.
Wenn keine Kontraindikationen vorliegen, Chemotherapie mit einem
Schema der 3. Generation, z.B. ECF-, TCF- oder einem anderen Schema.
Stad. I A (Early gastric cancer)
Mukosatyp (T1m). Zum Verständnis, siehe Seite TNM-Klassifikation des Magenkarzinoms. Für das pT1m-Karzinom
beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Lnn-Metastasierung <5%. Operativ genügt eine lokale Exzision durch Resektion
mit dem Laser, endoskopische Mukosaresektion oder als kombinierte endoskopisch-laparoskopische
Magenwandresektion.
Endoskopische Mukosaresektion
Bei allen lokalisierbaren intraepithelialen Neoplasien oder Frühkarzinomen ist die endoskopische Abtragung mittels
Mukosaresektion (EMR) als Verfahren der Wahl anzusehen. Aufgrund der Erfahrungen an großen Patientenzahlen
wurden von japanischen Gastroenterologen sog. Low-risk-Kriterien für das Magenfrühkarzinom definiert, bei denen
eine lokale endoskopische Therapie adäquat und ausreichend ist. Ggf. kann auch eine kombinierte endoskopischelaparoskopische Vollwandresektion erfolgen (Wedge-Resection).
Low-risk-Kriterien für das Magenfrühkarzinom
-
Der Tumor hat maximal eine Größe von 20-30 mm
Tumor ist auf die Mukosa (T1m) begrenzt
Es handelt sich um einen intestinalen Zelltyp
Histologisch liegt eine gute bis mäßiggradige Differenzierung (G1-G2) vor
Die makroskopische Klassifizierung zeigt einen polypoiden oder flachen Tumor
Ist eines dieser Kriterien nicht erfüllt, so muss von einem höheren Lnn-Metastasierungsrisiko ausgegangen werden, das in
Relation zum Operationsrisiko gesetzt werden muss. Eine endoskopische Lokaltherapie sollte dann nur bei inoperablen
Patienten oder solchen mit deutlich erhöhtem Operationsrisiko aufgrund von Alter und/oder anderen Begleiterkrankungen
erfolgen (Werk D. et al. in: Management des Ösophagus- und des Magenkarzinoms. Hrsg. HJ Meyer, HJ Buhr, H Wilke, SpringerVerlag, 2004). Die Diagnose des Mukosakarzinoms muss durch den Pathologen bestätigt werden. Falls eine Infiltration in
die Submukosa T1sm (Submukosa-Karzinom) vorliegt, ist eine standardmäßige Resektion mit Lymphadenektomie
unverzichtbar.
Stad. I B
Eine Lymphknotenmetastasierung wird in diesen Stadien bereits in einem hohen Prozentsatz erwartet, beim
Submukosa-Ca. schon in 22%. Bei dieser Pat.-Gruppe ist es möglich, eine R0-Resektion sowohl des Primärtumors als
auch des Lnn-Abflussgebietes mit ausreichenden Sicherheitsabständen zu erreichen. Diese Gruppe wird primär
operiert mit Tumorresektion und D2-Lymphadenektomie. Das Submukosakarzinom wird nach den Prinzipien dieser
Gruppe chirurgisch behandelt.
Stad. II, III, IVA*
In den Stadien dieser Gruppe ist eine perioperative, prä- und postoperative Chemotherapie indiziert und sinnvoll
(siehe MAGIC-Studie). Die Operation erfolgt bei diesem Konzept sekundär.
Stad. IVB*
In diesem Stadium ist eine Operation in der Regel nicht indiziert. Ein Teil der Pat. profitiert jedoch von der
palliativen Tumorresektion (Lee J. et al. Ann Oncol 2007;18:886-91). In Betracht kommt eine systemische
Chemotherapie. Eine operative Tumormassenresektion bewirkt keine Prognoseverbesserung und soll deshalb
unterbleiben.
Die Unterscheidung in die Kategorien A und B entspricht nicht dem Text der UICC-Klassifikation. Die Subtypisierung wird hier analog
der Einteilung der Ösophaguskarzinome vorgenommen, da hier wie da ein biologischer Unterschied zwischen einem lokal
fortgeschrittenen Karzinom und einer Fernmetastasierung besteht.
49
Magenkarzinom, Therapiestrategie
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg
Empfehlung zur Diagnostik und Therapie des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg,
Lordick, F et al. Klinikarzt 2008;37:359-64
Statements des NCT-Heidelberg zur Diagnostik und Therapie des Magen-Ca.
Welches Staging sollte ein Patient mit Magenkarzinom erhalten?
Endoskopie (videodokumentiert)
Endoskopischer Ultraschall zur Definition der T-Kategorie
Hochauflösende CT (außer Frühkarzinome) von Hals, Thorax, Abdomen und Becken
Laparoskopie (außer Frühkarzinome) zum Ausschluss einer Peritonealkarzinose
Wo sollte ein Patient mit Magenkarzinom vorgestellt werden?
In einem ausgewiesenen onkologischen Zentrum mit prätherapeutischer Festlegung des Therapieplans im
multidisziplinären Tumorboard ausgewiesener onkologischer Chirurgie (routinemäßige D2-Lymphadenektomie)
Verfügbarkeit aller weiteren Therapiedisziplinen (medizinische und radiologische Onkologie)
Wann ist eine adjuvante Therapie indiziert?
Im Rahmen des perioperativen Therapiekonzeptes ist eine adjuvante Therapie dann indiziert, wenn der Patient die
postoperative Weiterführung der Therapie hinsichtlich seines Allgemeinzustandes toleriert und in die möglichen
Nebenwirkungen einwilligt.
Eine adjuvante Chemotherapie ohne vorausgegangene neoadjuvante Chemotherapie ist kein Ersatz für eine
neoadjuvante Chemotherapie. Individualempfehlungen zur alleinigen adjuvanten Chemotherapie lassen sich bei
nodal-positiven Magenkarzinomen begründen.
Eine adjuvante Radio-/Chemotherapie ist nach unzureichender Lymphadenektomie (<25 entfernte Lymphknoten)
indiziert.
Wird bei R1-Resektion nachbehandelt?
R1 am oralen oder aboralen Absetzungsrand: Möglichkeit der Nachresektion prüfen.
R1 am Absetzungsrand in der Tiefe: Nachresektion in der Regel nicht möglich. Eine additive Radio-/Chemotherapie
ist bei anatomisch eng umschriebenen Befunden als Individualempfehlung begründbar.
Resektion des Primärtumors bei Fernmetastasierung?
Palliative Resektionen sind nur bei anderweitig nicht beherrschbaren Problemen indiziert (z. B. konservativ nicht
beherrschbare Tumorblutung, symptomatische Magenausgangs- stenose mit rezidivierendem Erbrechen.
Nach Ansprechen auf eine primäre Chemotherapie ist in Einzelfällen bei begrenzter systemischer Tumorlast und
kompletter Resektabilität von Metastasen die chirurgische Therapie zu erwägen.
50
Magenkarzinom
Operatives Vorgehen
Zielstellung
Das Ziel der chirurgischen Therapie des Magenkarzinoms ist das Erreichen einer R0-Resektion des tumortragenden
luminalen Anteils, einschließlich des extragastralen Lymphabflussgebietes. Das Resektionsausmaß am Magen ist
weitgehend standardisiert und orientiert sich an der Lokalisation, der Infiltrationstiefe und dem Wachstumstyp nach
Laurén1). Als onkologisch radikale Verfahren mit kurativer Zielstellung stehen drei Operationsmethoden zur
Verfügung.
o Subtotale Magenresektion (4/5-Resektion)
o Gastrektomie
o Erweiterte Gastrektomie
Resektionsausmaß am Magen
Die am häufigsten durchgeführte Operation ist die Gastrektomie mit erweiterter Lymphadenektomie entsprechend
dem Ausbreitungsstadium des Tumors.
Indikation für die subtotale Magenresektion
Magenkarzinom mit Lokalisation im unteren Magendrittel (bei Einhaltung des oralen Sicherheitsabstandes von 6 cm
in situ) und histologisch intestinalem Typ.
Multiviszerale Resektion
Eine transhiatale Erweiterung der Resektion auf den distalen Ösophagus ist insbesondere beim proximalen Magen-Ca
mit Infiltration der Kardia erforderlich, um einen genügenden Sicherheitsabstand zu erreichen. Bei T4-Tumoren mit
Infiltration von Nachbarorganen wie linkem Leberlappen, Milz, Pankreas oder Kolon hat die multiviszerale en-blocResektion dann einen Sinn, wenn damit eine
R0-Situation erreicht werden kann. Allerdings
Magenkarzinom. Überleben in Abhängigkeit von
ist mit einer zusätzlichen Splenektomie oder
einer gleichzeitigen Milz- sowie Milz+PankreasPankreasresektion eine erhöhte Morbidität und
Resektion.(Schieri et al. Br J Cancer, 1999)
Mortalität verbunden. In diesen Fällen ist es in
besonderem Maße sinnvoll, eine präoperative
Chemotherapie voranzustellen, siehe MAGICStudie. Eine standardmäßige Milz- oder
Pankreas-entfernung hat eher nachteilige
Folgen, wie aus der nebenstehenden Tabelle
hervorgeht.
Lymphadenektomie
Zur
Frage
der
Ausdehnung
der
Lymphadenektomie beim Magenkarzinom
besteht eine anhaltende Kontroverse aufgrund
der
diskrepanten
Ergebnisse
der
randomisierten und der nicht-randomisierten
Studien. Während die holländische und britische randomisierte Multicenter-Studien, wahrscheinlich methodisch
bedingt, eine signifikante Erhöhung der Morbidität und Mortalität bei der radikalen Lymphadenektomie aufwiesen,
ist das negative Ergebnis in der Metaanalyse der nicht-randomisierten Studien nicht nachweisbar. Diese Analyse
ergibt einen signifikanten Pro-gnosevorteil für die Patienten mit D2-Lymphadenektomie. Der Benefit zeichnete sich
in den ersten Ergebnissen der randomisierten Studien nicht ab, wahrscheinlich aufgrund der erhöhten postoperativen
Mortalität. Die genannte Prognoseverbesserung bezieht sich besonders auf die Stadien II und IIIA. Siehe Blatt:
Stellenwert der Lymphadenektomie.
In den meisten europäischen Zentren wird heute die D2-Lymphadenektomie favorisiert, um neben einem besseren
Staging, zumindest für bestimmte Untergruppen von Patienten mit einer Lymphknotenmetastasierung, den möglichen
Überlebensvorteil zu nutzen. Entfernung von mehr als 15 Lymphknoten in den Stadien II, IIIA ist heute operativer
Standard in Europa.
Mortalität
Eine erhöhte operative Mortalität ist assoziiert mit:
(McCulloch P, Br J Surg 2005)
1)
2)
- Pankreatiko-Splenektomie
- Geringe Fallzahl in einer Institution
- Mangel an speziellem Training der operierenden Ärzte
Hölscher, A. H., E. Bollschweiler, Onkologe, 1998; 4:301–09
Sendler A et al. Internist 2000; 41:817-30
51
Magenkarzinom
Operationsverfahren
Beim Magenkarzinom ist das Operationsverfahren der Wahl für distale Karzinome die subtotale
Gastrektomie mit Lymphknotendissektion der Gruppen N1 und N2 und der Resektion des Omentum
en bloc. Für alle übrigen Magenkarzinome erfolgt die totale Gastrektomie mit D2-Lymphadenektomie.
Rekonstruktionsverfahren nach Gastrektomie
Links: Resektionstypen bei Magenkarzinom. Rechts: Rekonstruktionsverfahren bei totaler Magenexstirpation
1: Jejunumhochzug mit breiter Braun-Anastomose nach Hoffmann; 2: Jejunuminterposition nach Longmire-Gütgemann; 3:
Rekonstruktion des Digestionsweges mit ausgeschalteter Roux-Schlinge, termino-laterale Ösophago-Jejunostomie; 4: Rekonstruktion
mit Roux-Schlinge und Jejunoplikatio; 5: Ersatzmagen und Jejunoplikatio nach Siewert und Peiper; Jejunum-Ersatzmagen mit YRoux-Schlinge und Jejunoplikatio nach Rodino.
Definition einer kurativen Resektion 1)
1. Keine Fernmetastasen (Japanische Nomenklatur: PO, HO)
2. Freie Resektionsränder
3. Kein Einwachsen in umgebende Strukturen, wenn T4, dann muss eine adäquate kombinierte
Resektion erfolgt sein
Die Qualität der Resektion, einschließlich des Lnn-Sampling, ist ein besonders wichtiger Prognosefaktor.
Nichtkurative Operation
R1-Resektion, keine Fernmetastasen
Ergibt sich postoperativ nach vermeintlicher R0-Resektion ein mikroskopischer Tumorrest (R1Resektion), ist eine Nachoperation mit dem Ziel einer R0-Resektion anzustreben. Ist diese nicht
möglich, kommt eine postoperative kombinierte Radio-/Chemotherapie in Betracht. Der Verzicht auf
diese additive Behandlung verlangt eine besondere Begründung.
R2-Resektion mit Fernmetastasen
Zur Behandlung dieser Patienten stehen operative Maßnahmen, strahlen- und chemotherapeutische
Behandlungen zur Verfügung, wobei die Wahl abhängig von der bestehenden Symptomatik individuell
erfolgt. Grundsätzlich ist die Indikation zur Chemotherapie gegeben, wobei deren Einsatz maßgeblich
durch den Allgemein- und Ernährungszustand bestimmt wird. Wegen des raschen Krankheitsverlaufes
ist die Chemotherapie frühzeitig einzuleiten. Für Patienten mit hochgradig eingeschränktem
Allgemeinzustand (Karnofsky <60%) kommt eine zytostatische Therapie nicht in Frage.
Eine Strahlentherapie kann auch als lokal umschriebene Maßnahme zur Schmerzbehandlung indiziert
sein. Auf jeden Fall ist für eine adäquate Schmerztherapie Sorge zu tragen.
1) Nishi, M et al. in: Cancer of the stomach, Preece PE et al. (ed) Grune & Stratton, 1986, pg 107-21
52
Magenkarzinom
Lymphknotendissektion
Ausmaß der Lymphadenektomie
Definition
D1-Resektion
Einfache oder Standardlymphadenektomie,
entsprechend der Entfernung der Lymphknoten (LK)
an der kleinen und großen Kurvatur (LK 1-6)
(Kompartiment I).
D3-Resektion
Ausweitung der LK-Dissektion auf nicht regionale LK
am Lig. hepatoduodenale (LK 12), retroduodenal
(LK13) und para-aortal (LK 14-16)
(Kompartiment I, II, III).
Abb. D1-3 aus: Onkologe 1998; 4:301-09
D2-Resektion
Systematische oder radikale Lymphadenektomie mit
zusätzlicher Entfernung definierter, weiter vom Tumor
entfernter regionaler LK (LK 7-11)
(Kompartiment I und II).
Mit Hilfe eines in Japan entwickelten Computerprogramms ist
es möglich, den wahrscheinlichen Befall und die Lokalisation
der metastatisch infiltrierten Lnn präoperativ vorherzusagen
(Maruyama-Schema). Die Graphik zeigt den errechneten LnnBefall bei einem T3-Tumor, nach Sendler A et al. Internist
2000; 41:817-30.
Eine exakte und systematische Lymphknotendissektion gehört nicht nur aufgrund theoretischer Überlegungen,
sondern vor allem wegen der klinischen Relevanz zum entscheidenden Konzept der Chirurgie mit kompletter
Resektion aller Ebenen der Tumorausbreitung. (Meyer HJ, in: Management des Ösophagus- und des Magenkarzinoms. Hrsg. HJ
Meyer, HJ Buhr, H Wilke, Springer-Verlag, 2004)
53
Magenkarzinom
Lymphadenektomie
Wertigkeit der Lymphadenektomie
Nach den Daten der neueren Literatur profitieren die Patienten von der ausgedehnten D2-Resektion gegenüber der
eingeschränkten D1-LAD, mit einer z.T. signifikant höheren Überlebenswahrscheinlichkeit. Bei ausgedehnter
lymphogener Metastasierung kann durch eine systematische Lymphadenektomie die lokoregionäre Rezidivrate
gesenkt werden. (Meyer HJ, in: Management des Ösophagus- und des Magenkarzinoms. Hrsg. HJ Meyer, HJ Buhr, H
Wilke, Springer-Verlag, 2004). Die Tab. zeigt den Vergleich der 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten (5-JÜL)
nicht-randomisierter Studien nach D1- D2-Lymphadenektomie (LAD) beim pT1-Magenkarzinom (Hölscher, AH, E.
Bollschweiler, Onkologe1998; 4:301-09)
Ein anderer wesentlicher Aspekt
sind die Zahl der exstirpierten
(n)
Lymphknoten sowie das Ausmaß
Miwa
295
p<0.01
von deren Befall. Für eine
Baba
321
p<0.05
adäquate
Beurteilung
des
Nodalstatus werden mindestens
Σ
1064
p<0,05
15
Lymphknoten
im
Resektionspräparat verlangt. Für eine standardmäßige D2-Lymphadenektomie ist diese Zahl nicht ausreichend. Nach
der Analyse der Daten der deutschen Magenkarzinomstudie sind hier mindestens 25 dissezierte Lymphknoten
erforderlich. (Schuhmacher, C et al. Onkologe 2008,14:339Studie
UICC
Stad.
Pat.
(n)
392
473
1494
D1-LAD
(n)
5-J-ÜL(%
97
88
52
90
385
86
Ausmaß
Lnn Dissektion
D2-LAD
5J-ÜL(%)
98
97
93
5-J.-ÜL-Rate
% + SEM
P=
p
10-J. ÜL-R
% + SEM
49). Wie die nebenstehende
Tabelle zeigt, haben Pat., bei
denen mehr als 25 Lnn entfernt
> 25 Lnn
(n=130)
84,3 + 3,2
73,7 + 4,9
IA
= 0,42
wurden, eine signifikant bessere
< 25 Lnn
80,9 + 3,7
70,1 + 5,4
(n=99)
Prognose als solche mit einer
53,5 + 5,8
> 25 Lnn
(n=137)
68,9 + 4,0
= 0,13
IB
geringeren Zahl exstirpierter
< 25 Lnn
64,7 + 5,5
47,6 + 6,4
(n=84)
Lnn.
> 25 Lnn
(n=141)
56,2 + 4,3
49,5 + 4,6
II
< 0,001
Das TNM-System des Lymph< 25 Lnn
27,2 + 4,8
16,0 + 4,8
(n=89)
knotenstatus bezeichnet einen
(n=177)
28,0 + 3,5
19,0 + 3,3
> 25 Lnn
= 0,02
III A
fehlenden Lymphknotenbefall
18,9 + 4,4
13,2 + 4,1
(n=85)
< 25 Lnn
als
pN0,
1-6
befallene
15,1 + 5,8
> 25 Lnn
(n=160)
24,2 + 6,5
Lymphknoten
als
pN1,
7-15 als
= 0,3
III B
< 25 Lnn
12,1 + 2,7
9,0 + 2,5
(n=44)
pN2 und mehr als 15 befallene
Lnn
als
pN3.
Der
> 25 Lnn
(n=351)
6,9 + 1,4
5,3 + 1,3
IV
= 0,32
< 25 Lnn
8,1 + 2,3
0
(n=157)
Lymphknotenstatus
korreliert
direkt mit der Überlebensrate
der entsprechenden Patienten. (Siehe untenstehende Graphik). Offenbar ist bei genauerer Untersuchung der
entnommenen Lymphknoten von Bedeutung, ob diese bereits Tumorzellen enthalten, auch dann, wenn diese
lediglich in immunhistochemischen Färbungen zu sehen sind. Das Verhältnis von befallenen zu entfernten
Lymphknoten erwies sich als ein brauchbarer Prognoseparameter. Sind weniger als 20% der entfernten Lymphknoten
befallen, ist die Lebenserwartung deutlich besser als bei einem ungünstigeren Lymphknotenbefall. Demnach gibt es
Bedeutung des Lnn-Status (links) und der Ratio befallene zu exstirpierten Lnn (rechts). Aus Schumacher et al. Onkologe 2008;14:339-49)
eine radikale Operation nicht nur für den Primärtumor sonder auch für das Lymphabflussgebiet.
Die in älteren Studien berichtete höhere Letalität der D2-LAD, z.B. in dem niederländischen und britischen Trial, war
mindestens als Teilkomponente durch die zu dieser Zeit häufiger durchgeführte Splenketomie und Pankreasresektion
bedingt.
54
Magenkarzinom
Chemotherapie, Ansprechraten
Monotherapie
Das Magenkarzinom ist ein chemosensibler Tumor. In der Monotherapie finden sich für die wirksamen Substanzen folgende Ansprechraten, siehe den Kasten links.
Mitomycin
5-FU
Adriamycin
Epirubicin
Cisplatin
Oxaliplatin
Etoposid
BCNU
Docetaxel
Irinotecan
Capecitabin
31%
23%
23%
22%
17%
20%
6-21%
18%
20–24%
23%
34%
Entwicklung der Chemotherapie (ChT) beim
fortgeschrittenen Magenkarzinom
1990
FAMTX
ELF
FUP
2000
ECF
PLF
2005
2007
Docetaxel Capecitabin*
(DCF)
Irinotecan* Oxaliplatin
(IF)
In Deutschland zur ChT des Magen-Ca nicht zugelassen, Stand 10/2008
Nach M. Möhler, GI-Oncology, Wiesbaden, 2008
* Die Substanzen sind zur Behandlung des Magenkarzinoms in Deutschland nicht zugelassen.
Neuere Substanzen
Docetaxel (Ansprechrate 20 – 24 %) (Eur J Cancer 1995; 31A Suppl 4:21-24; Gan To Kagaku Ryoho 1994; 21:243137 und 1998; 25:1915-24) und
Irinotecan (Ansprechrate 23%) (Gan To Kagaku Ryoho 1994; 21:1033-38) eine Aktivität.
Oxaliplatin (Ansprechraten in der Kombination mit 5-FU/Folinsäure von 43% (Al-Batran et al. JCO, 2004) und
44,9% (Louvet C. et al. JCO, 2002)
Gemcitabin hat sich beim Magenkarzinom als nicht wirksam erwiesen (Ann Oncol 1994;5:471-72).
Kombinationstherapie
Mit einer Kombinationstherapie wird ein Ansprechen von 29-71% erreicht. Die bekanntesten, jedoch zum Teil
historischen Schemata sind: FAM, FAMTX, ELF, EAP, sowie moderne Regime wie ECF, DCF, TCF und PLF. Die
letzten 4 Regime sind aktuelle, derzeit häufig verwandte Therapieschemata. In Deutschland am gebräuchlichsten sind
PLF (HD-5-FU+Leucovorin+Cisplatin) und ECF (Epirubicin+Cisplatin+5-FU).
Trotz der Wirksamkeit einer zytostatischen Behandlung ist eine Heilung durch eine Chemotherapie nicht möglich.
Dennoch ist eine medikamentöse Therapie unter verschiedenen Zielstellungen sinnvoll:
- präoperativ im Sinne eines Down-Staging
- postoperativ als adjuvante Therapie
- palliativ bei vorhandener Metastasierung
Präoperative Chemotherapie
Indikation
Diese Therapieform kommt zum Einsatz, wenn bei einem primär onkologisch nicht sicher radikal resezierbaren
Magenkarzinom durch ein Down-Staging sekundär eine kurative Operation möglich erscheint.
Nach Daten einer deutschen multizentrischen Studie wurden bei 35 Patienten mit primär irresektablem Karzinom
nach einer Chemotherapie mit 3-4 Zyklen des EAP-Schemas eine sekundäre Resektabilität von 60% und ein
Langzeitüberleben von 20% erreicht. (Wilke, H., et al., J Clin Oncol 1989; 7; 1318-26).
PLF-Schema
In der neoadjuvanten Situation wurde das PLF-Schema (Cisplatin, HD-5-FU, Folinsäure) untersucht. In einer PhaseII-Studie (Siewert JR et al. Langenbecks Arch Chir Suppl Kongressbd 1998; 115:717-9) bei 41 Patienten wurde es
mit EAP verglichen und zeigte identische Ergebnisse bei deutlich geringerer Toxizität.
ECF-Schema
In einer Phase-III-Studie wurden 503 Patienten prospektiv randomisiert auf einen alleinigen Chirurgie-Arm und einen
Arm mit neoadjuvanter (präoperativer) und zusätzlich adjuvanter (postoperativer) Chemotherapie mit ECF. Durch die
Chemotherapie konnten ein signifikantes Down-Staging, eine höhere Resektionsrate sowie ein verbessertes
progressionsfreies und Gesamt-Überleben erreicht werden, (siehe Blatt MAGIC-Trial).
55
Magenkarzinom
Adjuvante Chemotherapie, Metaanalysen
In vielen bisher durchgeführten kontrollierten klinischen Studien konnte kein eindeutiger Überlebensvorteil
gegenüber den nicht behandelten Kontrollgruppen gezeigt werden. Daher galt eine adjuvante Chemotherapie
beim Magen-Ca in Deutschland allgemein als nicht indiziert. Durch Metaanalysen und Ergebnisse des
Intergroup-Trials (s. SWOG-Studie) muss die Indikation zur adj. Chemotherapie jedoch neu überdacht werden.
Metaanalysen
Eine neuere Metaanalyse (Earle and Maroun, 1999)
analysierte 13 randomisierte, kontrollierte Studien, die
einen alleinigen Chirurgiearm mit einem Arm mit
20 Artikel, 21 Vergleiche
postoperativer Chemotherapie verglichen. Die Odds3658 Pat., 2180 Todesfälle
Ratio für Tod war in der chemotherapeutisch behandelten
Patientengruppe 0,80 (95% Konfidenzintervall: 0,66 bis
3 Studien Monotherapie
0,97). Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass dieser Effekt
10 Studien 5-FU-Kombinationen ohne Anthrazykline
besonders bei nodal-positiven Patienten zum Tragen
7 Studien 5-FU-Kombinationen mit Anthrazyklinen
kam.
Die größte Metaanalyse (Mari et al., 2000) schließt 3.658
HR 0,82, 95% CI 0,75-0,89, p<0,001
Pat. ein. Es wurden 21 vergleichende Untersuchungen
Chemotherapie reduziert Todesrisiko um 18%
zwischen einer adj. postop. Chemotherapie und alleiniger
Anthrazyklinkombinationen zeigten keinen Vorteil
Chirurgie untersucht (siehe obige Tabelle). Durch die
adjuvante Chemotherapie konnte das Todesrisiko um
18% reduziert werden (Hazard-Ratio) 0,82 (95% Konfidenzintervall: 0,75 bis 0,89, p < 0,001).
Metaanalyse, Mari et al, Ann Oncol 2000
Koreanische Studie
Die nicht randomisierte einarmige Studie untersuchte die Wirksamkeit einer adjuvanten, postoperativen Chemotherapie
beim R0-resezierten Magenkarzinom mit D2-3-Lymphadenektomie. Rekrutierungszeit 1984-1996. Pat.-Zahl: n=301.
Chemotherapie: Adriamycin 40 mg/m2 alle drei Wochen x
5 Jahre
10 Jahre
ERGEBNISSE
12; 5-FU 400 mg/m2 wöchentlich für 60 Wochen. Das
mediane Follow-up betrug 58 Monate. (Jeung HC et al.
Krankheitsfreies Überleben 58,4%
46,5%
Cancer 2001; 91: 2016-25).
Gesamt-Überleben
62,1%
50,5%
5-Jahres-Gesamt-ÜL der Pat., die eine ChT ohne
Dosiskompromiss oder einen vorzeitigen Abbruch erhielten:
75,2% gegenüber 52,9% für die Gruppe mit unvollständiger Therapie. Fazit: Nach einer multivariaten Analyse ist eine
komplett verabreichte ChT ein unabhängiger Prognosefaktor.
Italienische GOIM-Studie
Die italienische GOIM-Studie (De Vita et al. ASCO 2006) stellt die Ergebnisse einer randomisierten Studie (n=228) vor. In
einem randomisierten Vergleich erhielt die Therapiegruppe postoperativ Epirubicin/Etoposid/Folinsäure/5-FU.
Eingeschlossen wurden Pat. im Stad. Ib- III, die mindestens eine D1-Resektion erhalten hatten. Das krankheitsfreie und das
Gesamtüberleben ließ einen Trend für einen Vorteil der Therapiegruppe erkennen. Offenbar profitierten aber solche Pat.,
bei denen 6 oder mehr Lymphknoten befallen waren.
Kernaussagen zur adjuvanten Chemotherapie des Magenkarzinoms
1. Die Ergebnisse MAGIC-Studie werden das künftige Vorgehen in der täglichen Praxis verändern.
Pat. mit operablem Magenkarzinom des Tumorstad. ≥T3 NX MO profitieren von drei Zyklen ECF-prä- und postop.
2. In den USA wird weiterhin eine adjuvante Radio-/Chemotherapie bevorzugt.
3. Primär inoperable Pat. können durch neoadjuvante Maßnahmen sekundär in ein operables Stadium überführt werden.
Dabei profitieren die R0-resezierten Pat. hinsichtlich des Gesamtüberlebens. Alternativ kann eine alleinige
Chemotherapie in dieser Indikation verabreicht (ECF, PFL) oder eine Radio-/Chemoth. gegeben werden.
4. Eine alleinige Chemotherapie in adjuvanter Indikation verbessert das postoperative Leben nicht.
Zurzeit
in
Europa
rekrutierende Studie zur
periund
postoperativ
Chemo- und Radiotherapie
bei
Pat.
mit
fortgeschrittenen,
aber
operablem Magenkarzinom.
Im besonderen wird eine
Antwort auf den Stellenwert
der
adjuvanten
beim
Radiotherapie
Magenkarzinom erwartet.
Velde van de C.J.H.
CRITICS-Studie
56
Neoadjuvante + adjuvante Chemotherapie
MAGIC-Studie
In Großbritannien wurde der Stellenwert einer perioperativen neoadjuvanten und adjuvanten Chemotherapie mit dem
ECF-Regime im Vergleich zu alleiniger Chirurgie untersucht. Die Ergebnisse dieser Studie wurden beim ASCO 2005
vorgestellt und 2006 als full paper veröffentlicht (Cunnigham D et al. NEJM 2006,355:11-20)
Status der Studie: Nach 503 eingeschlossenen Patienten wurde die Studie im April 2002 geschlossen.
Einschlusskriterien
Pat. mit einem Adenokarzinom des Magens und des ösophago-gastralen Übergangs im Stad. II und höher ohne
Metastasen wurden in die Studie eingeschlossen. Der Befund musste potentiell kurativ operabel sein.
Studiendesign
Randomisation zwischen alleiniger
Operation und zwischen 3 Zyklen
OP
präoperativer Chemotherapie mit ECF,
R
OP und drei Zyklen postoperativer
3 x ECF
OP
3 x ECF
Chemotherapie mit ECF, siehe Graphik.
Chemotherapie
Die Zyklen ECF wurden alle 3 Wochen wiederholt. Die Operation folgte nach 3 präoperativen Zyklen ECF. Die 3
postoperativen Chemotherapiezyklen begannen 6–12 Wochen nach der OP. In dem Chemotherapie-Arm ECF wird 5FU als kontinuierliche Infusion über einen Venenport appliziert.
ECF-Schema
Substanz
Dosis [mg/m²/d]
Epirubicin
Cisplatin
5-FU
50
60
200
Applikationsform
Therapietage
iv-Bypass
4-Std.-Infusion
kontinuierliche Infusion
1
1
1-21
Wiederholung: Tag 22
Von den 503 eingeschlossenen Pat. hatten ein Adenokarzinom des Magens 74%, des gastroösophagealen Übergangs
15% und des distalen Ösophagus 11%.
Ansprechen: Die Rate der kurativen Resektionen konnte im Chemotherapie + OP-Arm signifikant gesteigert werden
(79% vs. 69%). Die Rate der postoperativen Komplikationen
Magenkarzinom. MAGIC-Studie
war durch die vorangegangene Chemotherapie nicht erhöht
(46% in beiden Armen). Auch die 30 Tage-Mortalität war mit
Überlebenskurven
6% gleich. Durch die präoperative Chemotherapie konnte ein
signifikantes Down-Staging erreicht werden, so dass im OPResektat im Chemotherapie-OP-Arm 54% T1-2 Tumoren
gefunden wurden vs. 36% im alleinigen OP-Arm.
Ergebnisse
Medianes Follow-up >3 Jahre. Bei zwei Drittel der Pat. war
eine D2-Lnn-Dissektion erfolgt. Es wurden 319 Todesfälle
beobachtet (Chemotherapiearm n=149, Nur-Operations-Arm
n=170). Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 36% vs. 23%
(p=0.009). Auch das progressionsfreie Überleben war
signifikant zugunsten des Chemotherapiearmes verlängert. Das
Cunningham NEJM 2006;355:11-20
mediane Überleben betrug 24 vs. 20 Monate.
CHT. + OP
250
36%
OP
253
23%
p-Wert
Hazard ratio
Schlussfolgerung
Die
perioperative
Chemotherapie
des
nicht
metastasierten
0,009
0,75
Magenkarzinoms verbessert die
0,0001
0,66
Resektionsrate
und
erhöht
signifikant das progressionsfreie
und das Gesamtüberleben. Die Verminderung der Todesrate beträgt nach der Hazard ratio 25%. Von chirurgischer
Seite wird das schlechte Überleben im Operationsarm kritisch angemerkt.
n=
5-Jahres-Überleben
Progressionsfreies ÜL.
Aufgrund der statistischen Power dieser Studie kann die perioperative Chemotherapie des operablen
Magenkarzinoms als Teil eines multimodalen Behandlungskonzeptes empfohlen werden.
57
Perioperative Chemotherapie
Französische FFCD-Studie
Prospektiv randomisierte Phase-III-Studie
von Patienten mit einem resektablen
Adenokarzinom des Magens, der Kardia
und des unteren Ösophagus. Vergleich
zwischen
einer
perioperativen
Chemotherapie mit Cisplatin und
infusionalen 5-FU gegenüber einer
alleinigen Operation. Die Ergebnisse
dieser Studie wurden auf dem ASCOMeeting 2007 in Chikago vorgestellt
(Boige V et al, ASCO 2007 Abstr. 4510).
Auswertbar waren 224 Patienten mit
einem resektablen Adenokarzinom des
Magens, der Kardia und des unteren
Ösophagus. Die Einschlusskriterien für
die Studie waren Alter ≤75 Jahre,
Allgemeinzustand WHO: <2. Im Arm 2
der Studie erhielten die Patienten eine
Perioperative Chemotherapie. Daten der britischen und französischen Studie.
Chemotherapie mit 2-3 Zyklen von
Cisplatin 100 mg/m² Tag 1 und 5-FU 800
mg/m²/d Tag 1-5 als kontinuierliche Infusion alle 28 Tage. Der Hauptzielpunkt der Studie über das Gesamtüberleben
sowie das krankheitsfreie Überleben mit einem Evaluationszeitpunkt nach 6 Monaten. Der Rekrutierungszeitraum der
Studie: 1995 - 2003. Es waren Pat. von 28 französischen Zentren eingeschlossen. Die Verteilung auf die beiden
Gruppen war hinsichtlich der wichtigen Prognosefaktoren gut balanciert. Das mediane Follow-up betrug 5,7 Jahre.
Im Chemotherapiearm erhielten 109 Pat. vor der Operation eine Chemotherapie mit Cisplatin, 5-FU, 98 bekamen
mehr als 2 Zyklen. Nach der Gastrektomie erhielten 54 Pat. eine
FFCD-Studie. Gesamtüberleben
Chemotherapie.
Ergebnisse
Eine R0-Resektion wurde im Arm 1 in 73% der Pat. und im Arm 2
in 84% erreicht (p=0.04). Die präoperative Chemotherapie
verbesserte das krankheitsfreie Überleben (p=0.003). Hazard ratio
0,65 mit einem 3- und 5- Jahre-krankheitsfreien-Überleben von
25% und 21% im Arm 1 gegenüber 40% und 34% im
Chemotherapiearm 2. Die Hazard ratio für ein Rezidivereignis
betrug 0,69 mit einem 3-Jahres-Überleben von 35% und einem 5Jahres-Überleben von 24% in der Nur-Operation-Gruppe gegenüber
48% und 38% im Chemotherapiearm. Die Lokalisationen der
Tumoren im Magen, der Kardia und der im unteren Ösophagus
hatten keinen Einfluss auf das Ergebnis. Die Daten der französischen FNLCD/FFCD-Gruppe entsprechen im
Wesentlichen den Resultaten der britischen MAGIC-Studie. Danach sind Cisplatin und 5-FU als die effektivs.ten
Substanzen in der adjuvanten Chemotherapie des Magenkarzinoms anzusehen.
Postoperativ erhielten die Patienten
Reseziertes Magen-, Kardia-Ca, Adeno-Ca des unteren Ösophagus
(n=54) 2 Zyklen Chemotherapie. Die
(n=224)5-FU/Cisplatin x 2-3 OP 5-FU/Cisplatin x 2 vs. OP alleine
eingeschränkte
Möglichkeit,
OP
ChT OP ChT
p
postoperativ die geplante Chemo(n=111)
(n=113)
therapie zu geben, deckt sich mit den
Periop.Mortalität
5
5
Ergebnissen der MAGIC-Studie. Dort
Keine Resekt.
9%
6%
war auch bei 58% der Pat. die
R0
73%
84%
0.04
Chemotherapie postoperativ nicht voll
oder gar nicht durchführbar.
N0
16%
28%
0.05
Als Fazit ergibt sich aus der
3J DFS*
25%
40%
0.002
französischen Studie eine vergleichbare
5J DFS*
17%
34%
< 0.01
perioperative Mortalität bei einer
signifikant erhöhten Rate an R0-Resektionen und einem häufiger gefundenen N0-Stadium in der
Chemotherapiegruppe gegenüber dem alleinigen Operationsarm. Insgesamt war das 3-Jahres-krankheitsfreieÜberleben für die perioperative Therapiegruppe von 25% auf 40% verbessert. Das 5-Jahres krankheitsfreie Überleben
verdoppelte sich von 17% auf 34%.
Damit hat die perioperative Chemotherapie als neuer Therapiestandard einen herausragenden Evidenzgrad (I A B)
erreicht.
58
Adjuvante Therapie
Japanische S-1 und Tegafur-Studie
S-1-Studie
Japanische Phase-III-Studie. Patienten mit Magenkarzinom der Stad. II oder III mit Z.n. Gastrektomie und
D2-Lymphadenektomie wurden prospektiv-randomisierte in Nachbeobachtung oder eine adjuvante
Chemotherapie mit der Substanz S-1 für 12 Monate. S-1 ist eine zusammengesetzte Substanz und besteht
aus 3 Komponenten Tegafur, Gimeracil (erhält die Konzentration von 5-FU im Plasma und im
Tumorgewebe) und Oteracil (hemmt die Aktivität der Orotat Phosphoribosyl Transferase und bewirkt eine
Reduktion der gastrointestinalen Toxizität). Tegafur hat eine antimetabolische Aktivität auf DNA und
RNA, in dem es schrittweise zu 5-FU umgewandelt wird.
In die Studie wurden 529 Patienten in die S-1-Gruppe und 530 Pat. in die Nur-Operation-Gruppe
randomisiert. Das Chemotherapieregime bestand aus einem 6-Wochen-Zyklus, 4-Wochen Behandlung mit
80 mg/m2 täglich S1 oral und 2 Wochen Pause für die Gesamtdauer eines Jahres. Primärer Endpunkt der
Studie war das Gesamtüberleben.
Rekrutierungszeit Oktober 2001 bis Dezember 2004. Die Studie wurde vorzeitig gestoppt, da bei einer
Interimsanalyse die S-1-Gruppe eine signifikant höhere Gesamtüberlebens-Rate aufwies als die Patienten
in Beobachtungsarm (p= 0.002). Das 3-Jahre-Gesamtüberleben betrug 80,1 % für die S-1-Gruppe und 70,1
% für den Kontrollarm. Die Hazard Ratio für das Todesereignis betrug für die S-1-Gruppe im Vergleich
zum Kontrollarm 0.68. Nebenwirkungen wurden als moderat beschrieben. Grad-3/4: Anorexie 6 %,
Übelkeit 3,7 %, Diarrhoe 3,1 %.
Japanische Adjuvans-Studie S-1. Signifikanter Vorteil der adjuvant behandelten Pat. für das PFS und das OS im Vergleich zur
Kontrollgruppe. Sakuramoto S. et al. NEJM 2007;357:1810-20
Tegafur-Studie
Prospektiv-randomisierte Studie aus Japan. Eingeschlossen
wurden Patienten mit dem Tumorstadium in T2 N1-2 M0.
Nach einer Gastrektomie wurde das Patientenkollektiv
randomisiert. Im Therapiearm erhielten die Patienten
Tegafur 360 mg/m² täglich peroral für 16 Monate. Die
Kontrollgruppe
wurde
lediglich
nachbeobachtet.
Eingeschlossen wurden 190 Patienten, 95 in jeder Gruppe.
Therapiebedingte Nebenwirkungen waren mild. Die Studie
wurde wegen schleppender Randomisation vorzeitig
beendet. Nach einem Follow-up von 6,2 Jahren war das
Gesamtüberleben und das Rezidivfreie-Überleben für die
Chemotherapie-Gruppe signifikant höher. Für das
Gesamtüberleben ergab die Hazard Ratio 0.48 (p= 0.017),
Signifikanter Überlebensgewinn für Pat. mit
für das Rezidivfreie-Überleben ergab die HR einen Wert
Magenkarzinom der Stad. T2 N1-2 M0 durch eine
von 0.44, (p= 0.005). Fazit: Obwohl die Studie nicht die
adjuvante Therapie mit oral applizierbarem Tegafur.
ursprünglich geplante Patientenzahl erreichte, war dennoch
Nakajima T. et al. Brit J Surg 2007;94:1468-76
eine Aussage möglich. Die mit Tegafur behandelten
Patienten zeigten einen signifikanten Vorteil auch für das Gesamtüberleben.
59
Magenkarzinom
Adjuvante Radio-/Chemotherapie, SWOG-Studie
Von zahlreichen randomisierten Adjuvanzstudien hatte sich lediglich
in der Untersuchung der GITSG (1974) ein Überlebensvorteil für den
Therapiearm im Vergleich zur Kontrollgruppe ergeben. Nach Daten
einer Metaanalyse von 12 randomisierten Studien profitieren
möglicherweise Patienten mit nodal-positiver Erkrankung von einer
postoperativen adjuvanten Therapie (Earle CC et al. Proc ASCO 1998:
Abstr 1009). Nach Daten der jüngeren Vergangenheit muss der
therapeutische Nihilismus revidiert werden.
Postoperative adj. Radio-/Chemotherapie des Magen-Ca
US-amerikanische randomisierte multizentrische Phase-III-Studie.
SWOG-Trial (Macdonald JS et al. NEJM 2001; 345:725-30). Studiendaten:
n=556 Pat., R0-Resektion nach Magen- oder Kardiakarzinom. Zwei
Drittel hatten einen T3- oder T4-Tumor, 80% waren N+.
Studiendesign: Radio-/Chemotherapie vs. Beobachtung
In der Therapiegruppe erhielten die Pat. eine Behandlung in drei
Abschnitten, die nachstehend als Therapie 1, 2, 3 ausgewiesen ist.
SWOG-Studie. OP vs OP + RT-CHT
Therapie 1:
(vor RT)
5-FU 425mg/m2/d i.v. Bolus d1-5
Folinsäure 20 mg/m2/d i.v. Bolus d1-5
Therapie 2:
Radio/Chemoth.
Radiotherapie 45Gy/ 5 Wochen/ (5 Fraktionen/Woche)
Chemotherapie 5-FU 400 mg/m2 /d i.v. Bolus
Folinsäure 20 mg/m2/d i.v. Bolus
(ab Tag 28)
(Mayo-Clinic-Schema)
an den ersten 4 und den letzten 3 Tagen der Radiatio
Therapie 3:
(nach RT)
2 Zyklen 5-FU + FA über jeweils 5 Tage wie vor der RT (Mayo-Clinic-Schema),
einen und zwei Monate nach Beendigung der Bestrahlung
Ergebnisse
Durchschnittliche Follow-up-Dauer 5 Jahre (Arm A = Beobachtung)
Therapiearm
Mediane Überlebenszeit
Vollständige RT-CHT
Rezidivfreies Überleben (3 Jahre )
Lokalrezidive
Peritonealkarzinose
A
27 Monate*
31%
29%
72%
B
36 Monate*
64%
48%
19%
65%
* Unterschied statisch signifikant p= 0.005
Fazit: Die adjuvante Radio-/Chemotherapie verlängert deutlich das rezidivfreie und das Gesamt-ÜL und wurde
deswegen, ergänzend zur Operation, in den USA zum Standard der Therapie des Magenkarzinoms erklärt.
Kritische Bewertung
Ein wesentliches Problem dieser Studie bestand darin, dass nach europäischen Verhältnissen die chirurgische
Radikalität hinsichtlich des Ausmaßes der Lymphadenektomie (LAD) unzureichend war. Nur 10% der Pat. hatten
eine D2-Resektion, 30% eine D1-LAD und in 54% lag ein operativer Status <D1 vor. Vor diesem Hintergrund
müssen die Ergebnisse der SWOG-Studie gesehen werden. Eine unkritische Übertragung der Ergebnisse auf die
Verhältnisse in Deutschland ist deshalb nicht erlaubt. Wohl darf daraus abgeleitet werden, dass bei einer Hochrisikokonstellation für ein Rezidiv, z.B. bei ausgedehntem Lymphknotenbefall, eine adjuvante kombinierte
Radio-/Chemotherapie eine sinnvolle Option darstellt. Die Chemotherapie sollte allerdings nicht mehr mit toxischem
Mayo-Clinic-Schema durchgeführt werden, sondern besser mit Xeloda.
Beachte: Aufgrund der positiven Ergebnisse der britischen MAGIC-Studie wird die Bedeutung der SWOG-Studie in
Europa relativiert. In der MAGIC-Studie hatten zwei Drittel der Pat. eine D2-Lnn-Resektion. Im Gegensatz dazu halten
die Onkologen in den USA weiterhin an der postoperativen Radio-/Chemotherapie als Standardbehandlung fest.
Anmerkung: Eine zeitgemäße Alternative zur oben angegebenen 5-FU/Folinsäure-Therapie kann die Gabe von Capecitabin sein.
Dosierung: Vor und nach der Bestrahlung 2x 850 mg/m²/d, während der Bestrahlung 2x 625 mg/m²/d. Ein Zyklus d1-14. Wiederholg d22
60
Magenkarzinom
Intraoperative Strahlentherapie
Einleitung
Gegenüber der perkutanen Strahlentherapie bietet die intraoperative Bestrahlung den Vorteil, Risikoorgane in enger
Nachbarschaft zu Tumoren aussparen zu können. Insbesondere im Bauchraum, wo Dünndarm, Rückenmark, Nieren
und Nervengewebe zu schonen sind, können so deutlich höhere Strahlendosen appliziert werden. Bis heute kommt
diese Methode nur an wenigen Zentren weltweit zur Anwendung. Der klinische Einsatz erfordert einen hohen
technologischen und personellen Einsatz, sowie eine sehr enge Kooperation zwischen Operateur und
Strahlentherapeut.
Für die moderne intraoperative Strahlentherapie werden Linearbeschleuniger verwendet, die hochenergetische
Elektronen (4-21 MeV) produzieren und über ein spezielles Kollimationssystem zur präzisen Einstellung verfügen.
Strahlenempfindliche Strukturen innerhalb des Applikatorfeldes werden mit Hilfe von Bleiplatten geschützt. Zumeist
wird die intraoperative Strahlentherapie mit einer perkutanen Strahlentherapie kombiniert.
Links: Mobiler Linearbeschleuniger zur IORT (Novac7) am
Universitätsklinikum Aachen. Die Strahlbündelung erfolgt über
ein starrverbundenes Applikatorsystem, siehe Insetbild.
Rechts: Schematische Darstellung des intraoperativen
Zielvolumens (ZV) und des erweiterten perkutanen
Strahlenfeldes (ZV-ERBT) nach MJ Eble Onkologe 2001; 7:
649-56)
Magenkarzinom
Die erste Entwicklungsphase der heutigen IORT vollzog sich in Japan ausgehend von der Universitätsklinik Kyoto
unter M. Abe. Dieser berichtete 1980 in einer ersten Durchführbarkeitsstudie über 14 Pat. mit nicht resektablen
Lymphknotenmetastasen oder nicht resektablen Lnn-Läsionen, die in den Pankreas einwuchsen. Mit einer
Einzeldosis von 30-35 Gy konnten Lnn-Metastasen kleiner 3 cm ausgelöscht werden. Das Zielvolumen nach
Teilresektion oder Gastrektomie umfasst die Region des Truncus coeliacus, den medialen Anteil des Leberhilus und
die Milzhilusgefäße, sowie den kranialen Anteil von Pankreaskopf und -korpus. Auf der Grundlage von
Tierexperimenten wurden tolerable Dosisbereiche von 15-20 Gy ermittelt. Im Stadium II, III und IV ergaben sich in
ersten klinischen Prüfungen, insbesondere auch einer randomisierten Studie, Überlebensvorteile von 2-25%. Bei
Dosen von 15 Gy intraoperativ und 46 Gy perkutan, beschränkt auf die Truncus-coeliacus-Region, waren die
Nebenwirkungen gering.
Durchführung
Die IORT kann prinzipiell in zwei Modalitäten erfolgen (Hinkelbein W., T. Wiegel in: Management des Ösophagus- und des
Magenkarzinoms. Hrsg. HJ Meyer, HJ Buhr, H Wilke, Springer-Verlag, 2004)
-
Alleinige intraoperative Strahlentherapie mit Einzeitdosen von 20-40 Gy
Kombination einer niedrigen Einzeitdosis von 12-20 Gy mit anschließender perkutaner
Bestrahlung unter Einbeziehung des Kompartiments III mit einer Gesamtdosis von 35-50 Gy.
Ergebnisse
In zwei bisher durchgeführten randomisierten Studien mit kleinen Pat.-Zahlen fand sich eine signifikante Reduktion
der lokoregionären Rezidive. Es konnte aber keine Verlängerung des Gesamtüberlebens gefunden werden (Sindelair
WF et al. Am J Surg 1993; 165: 178-87; Krämling HJ et al. Langenbecks Arch Chir 1996; 211: Suppl. II). Auch die
kombinierte IORT/Perkutanbestrahlung führte nicht zu besseren Langzeitergebnissen.
Aufgrund der geringen Zahl aktiver Zentren, der unterschiedlichen Behandlungskonzepte und einer starken
Heterogenität der Pat.-Kollektive bei insgesamt niedrigen Fallzahlen muss der Stellenwert der intraoperativen
Strahlentherapie für diese Erkrankung noch weiter in prospektiven Studien geklärt werden.
61
Metastasiertes Magenkarzinom
Chemotherapie, Best supportive care
Ist eine Chemotherapie sinnvoll?
Um die Frage zu klären, ob eine Chemotherapie beim fortgeschrittenen Magenkarzinom sinnvoll ist, wurden bislang
vier randomisierte Studien mit Chemotherapie im Vergleich zu best supportive care durchgeführt (siehe Tabelle).
Alle vier Studien konnten eine signifikante Verlängerung des medianen Überlebens nachweisen. Insgesamt kann
durch eine Chemotherapie eine Lebensverlängerung von ca. 6 Monaten erreicht werden.
Medianes Überleben (Monate)
Chemotherapie
BSC1)
Murad et al. (Cancer, 1993)
Pyrhönen et al. (Br J Cancer, 1995)
Scheithauer et al. (2. Conf Bio Prev Treat
GII Mal, 1995)
Glimelius et al. (Ann Oncol 1997)
Summe:
n=40
n=41
9
12
3
3
p=0,001
p=0,001
n=37
7,5
5
p<0,05
n=61
n=174
8
10
5
3-4
p=0,003
1) BSC – Best supportive care
Wie verhält sich die Lebensqualität der Patienten unter einer Chemotherapie?
Um diese Frage zu beantworten, wurde von Glimelius (Glimelius et al., 1997) die Lebensqualität mittels eines
EORTC-QLC-C30-Fragebogens bei Patienten mit Chemotherapie (bestehend aus Etoposid, Leucovorin und 5-FU
bzw. aus 5-FU und Leucovorin) im Vergleich zu einer best supportive care Gruppe evaluiert. Es zeigte sich in der
Chemotherapiegruppe bei 45% der Patienten eine verbesserte bzw. anhaltend hohe Lebensqualität im Vergleich zu
20% in der best supportive care Gruppe. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Auch die Evaluation der
Lebensqualität durch den Arzt zeigt eine wesentlich bessere Lebensqualität in der chemotherapeutisch behandelten
Patientengruppe. Der Anteil des Gesamtüberlebens mit hoher Lebensqualität war mit 69% in der chemotherapeutisch
behandelten Gruppe deutlich höher als in der Gruppe mit best supportive care (47%).
Ansprechraten beim metastasierten Magenkarzinom
AIO-Schema
plus X
Autor
Stahl
Bokemeyer
Raida
Vanhöfer
Kretzschmar
Kollmannsberger
Hofheinz
Möhler
Gnad
Al-Batran
1996
1997
1998
1998
2000
2001
2002
2004
2004
2004
Cisplatin/Epirubicin
Taxol
Cisplatin/Adriamycin
Cisplatin
Mitomycin q6w
Cisplatin/Taxol
Mitomycin q3w
Irinotecan
Mitomycin q4w / Caelyx
Oxaliplatin
Pat.
n
Ansprechen (%)
Überleben M0
27
22
24
83
30
45
33
58
29
37
50
32
55
62
37
51
54
45
45
43
7
11
14
11
7
14
10
11
14
10
Tumorstatus
Optionen
Multiple Metastasen, asymptomatisch
Capecitabin/Cisplatin oder PLF
ECF oder ECX; EOX
DCF oder Gastro-TAX
Lokal fortgeschritten, keine Metastasen
DCF oder Radio-/Chemotherapie
Multiple Mets, symptomatisch, Gefahr für
Verschlechterung
DCF oder Gastro-TAX
XP (PLF)
ECF oder Modifikationen (ECX, EOX)
Resektabel
ECF (ECX,EOX)
Differenzialtherapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Magen-Ca
Abhängig von den individuellen Verhältnissen eines Patienten und dem gesteckten Therapieziel ergeben sich
unterschiedliche Optionen für eine Chemotherapie. Therapievorschlag nach D. Arnold, Halle
62
Magenkarzinom
Chemotherapie der 1./2. Generation: FAM, EAP-Schema
In den früheren Jahren stellten diese Kombinationen den Goldstandard in der Chemotherapie des metastasierten
Magenkarzinoms dar. Inzwischen hat es relevante Weiterentwicklungen gegeben. Diese fußen auf einer
Langzeitapplikation von 5-FU sowie der Einbeziehung neuer Substanzen.
Voraussetzungen für eine Chemotherapie
Folgende Kriterien müssen erfüllt sein.
1. Ausreichender Allgemeinzustand, ≤ WHO 2.
2. Evaluierbare Tumorparameter müssen nachweisbar sein, die prätherapeutisch das Festlegen einer messbaren
Referenzläsion erlauben. Diese dient der Bewertung des Therapieergebnisses.
3. Kontraindikationen gegen die verwandten Zytostatika dürfen nicht bestehen.
FAM
Substanz
Macdonald, Ann Intern Med 1980; 93: 533
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
5-FU
600
i.v.–Bolus
1, 8, 29, 36
Adriamycin
30
i. v. (Bypass)
1, 29
Mitomycin
10
i. v. (Bypass)
1
Wiederholung: Tag 57.
Ergebnis: Ansprechrate: 35 %, davon CR 5 %.
Die EAP-Kombination ist toxisch und kommt deswegen heute nur noch ausnahmsweise zum Einsatz. Die Indikation
beschränkt sich auf den neoadjuvanten Einsatz primär nicht resektabler Magenkarzinome, bei denen ein DownStaging mit dem Ziel einer sekundären Resektabilität möglich erscheint. Das Vorhandensein eines Aszites schließt
ein kuratives Konzept aus. Für diese Situation kann das EAP-Schema nicht empfohlen werden, da das NutzenLasten-Verhältnis bei dieser Befundkonstellation nicht stimmig ist.
EAP
Substanz
Preusser, P., Wilke, H., et al. J Clin Oncol 1989; 7: 1310-17
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
Adriamycin
20
i.v. Bypass
1, 7
Cisplatin
40
1-Std.-Infusion
2, 8
Etoposid
100 (120) *
1-Std.-Infusion
4, 5, 6
* für Patienten < 60 J.
Wiederholung: Tag 29. Maximal 6 Zyklen. Bei präoperativer Gabe (2-) 4 Zyklen. Kontrolle des Therapieergebnisses
monatlich.
Voraussetzung
Präoperativ: Staginglaparotomie. Lokoregionär fortgeschrittener Tumor oder lokal begrenzte Metastasierung. Guter
Allgemeinzustand (Zubrod 0 - 2). Keine Kontraindikation gegenüber ADM und DDP. Festlegung der beurteilbaren
Markerläsion. Bereitschaft des Patienten gegebenenfalls auch eine stärkere Toxizität in Kauf zu nehmen, wenn damit
eine Erhöhung der Heilungschancen möglich erscheint. Einverständniserklärung des Patienten.
Beachte: Hohe Toxizität: Myelosuppression, Übelkeit, Erbrechen, Nierenfunktion, Alopezie, Neuropathie.
Ergebnisse: (n = 145), darunter 49 Pat. mit lokal fortgeschrittenem Tumor. Ansprechrate 57 %, davon 15 % CR,
medianes Überleben 10 Monate. Die Ansprechrate und das mediane Überleben waren bei der lokal fortgeschrittenen
Erkrankung signifikant höher als bei einer Fernmetastasierung, Ansprechrate 73 % vs. 49 %.
Von 36 Pat. mit chirurgisch dokumentierter Irresektabilität wegen eines lokoregionär fortgeschrittenen Karzinoms
erreichten 24 Pat. eine CR oder PR. 21/36 Pat. wurden einer Second-look-Operation unterzogen. 6/21 Pat. hatten im
Resektat histologisch eine CR, 10/21 wiesen noch vitales Tumorgewebe auf, konnten aber R0-reseziert werden, 3/21
waren resektabel, hatten aber positive Resektionsränder. 2/21 blieben inoperabel. Die Relapserate der 21 Pat., die
keinen nachweisbaren Tumor nach der präoperativen Chemotherapie + OP + postop. Chemotherapie erkennen ließen,
betrug 57 % nach einem medianen Follow-up von 19 Monaten.
63
Magenkarzinom
Chemotherapie der 3. Generation, 5-FU c.i., PLF
Für 5-FU besteht eine Dosis-Wirkungsbeziehung. Eine
Steigerung des zytostatischen Effektes ist durch eine
vorangestellte Folinsäuregabe möglich. Für hochdosiertes 5FU + Folinsäure sind verschiedene Schemata veröffentlicht
worden. Die Schemata mit Langzeitinfusion von 5-FU
werden auch als Chemotherapiekombinationen der 3.
Generation zur Behandlung des Magenkarzinoms bezeichnet.
Diese Infusional-5-FU-Regime haben eine vergleichbare
Wirksamkeit wie die intensiven Zweitgenerationsschemata
EAP oder FAMTX, sind aber weniger toxisch und einfacher
zu handhaben, so dass eine ambulante Durchführung ohne
Beeinträchtigung der Therapiesicherheit möglich ist.
Beachte: Diese Therapieschemata verlangen einen venösen
Port und eine tragbare Injektionspumpe. Wenn die
Applikation über eine periphere Vene erfolgt, resultiert eine
ausgeprägte Phlebitis.
AIO-Schema
Substanz
Folinsäure
5-FU
Metastas. Magen-Ca, c.i. 5-FU/FS-Infusion. Therapievorteil durch
die Kombination mit Cisplatin (P) und Irinotecan (I).
Vanhöfer, U., H. Wilke, H.-J. Weh et al. (Ann Oncol 1994;5:850-51)
Dosis [mg/m²/d]
500
2.600
Applikationsform
2-Std.-Infusion
24-Std.-Infusion
Therapietage
1, 8 ff
1, 8 ff
Wiederholung: Wöchentlich über 6 Wochen, dann 1 Woche Pause. Dauer maximal 3 Zyklen.
Ergebnisse: n = 17 (davon 14 mit FAMTX, ELF oder Cisplatin/5-FU vorbehandelte Pat): PR = 18%, stable disease
41%. Mediane Überlebenszeit nach Therapiebeginn: 5 Monate.
PLF-Schema
Substanz
Wilke, H., M.Korn et al. (Ann Oncol 1996;7: Suppl.2,A2130)
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
50
500
2.000
1-Std.-Infusion
2-Std.-Infusion
24-Std.-Infusion
1, 15, 29
1, 8, 15, 22, 29, 36
1, 8 15, 22, 29, 36
Cisplatin
Folinsäure
5-FU
Wiederholung: Tag 50, Dauer im Rahmen der Studie 3 Zyklen. Beachte: Das Cisplatin wird zeitlich vor 5-FU/FS gegeben.
Ergebnisse: n = 76 unvorbehandelt: CR 7%, PR 38%, toxic death 2%.
Die Therapie ist mit Hilfe einer Infusionspumpe über ein Portsystem ambulant durchführbar.
EORTC-Studie 40953
Die beiden oben angegebenen Schemata bildeten die Grundlage für die Phase-II-Studie 40953 der EORTC unter der
Federführung der AIO. Die Daten wurden jetzt veröffentlicht (Lutz M.P. et al. J Clin Oncol 2007,25:2580-85)
Studiendesign
Vergleich wöchentliches 5-FU als kontinuierliche Infusion, 3000 mg/m²/24h; 5-FU 2600 mg/m²/24h + Folinsäure
500 mg/m²; 5-FU 2000 mg/m²/24h/Folinsäure/Cisplatin 50 mg/m² alle 14 Tage für 6 Wochen mit einer Woche
Therapiepause. Ziel war die Erfassung der Responserate. In die Studie wurden eingeschlossen: Pat. < 75 Jahre mit
einem lokal fortgeschrittenen, nicht resektablen und/oder metastasierten Magenkarzinom. Von 1/1996 bis 8/1999
wurden 145 Patienten aus 17 Institutionen rekrutiert. Der HD-5-FU-Arm wurde vorzeitig geschlossen. 33 Patienten
waren in diesem Arm bewertbar. Im Arm B konnten 49 und im Arm C 46 Patienten evaluiert werden.
Ergebnisse
Ansprechraten: Arm A 6,1%, Arm B 25%, Arm C 45,7%. Darunter 4 komplette Remissionen. Der Arm A war wegen
der geringen Ansprechraten vorzeitig geschlossen worden. Das mediane progressionsfreie Überleben für alle
Patienten betrug: Arm A 1,9, Arm B 4,0, Arm C 6,1 Monate. Dem entsprach ein Gesamtüberleben von 7,1; 8,9 und
9,7 Monaten. Die Überlebensrate nach einem Jahr betrug 24,3%, 30,3% und 45,3%. Grad-4-Toxizitäten waren selten.
Am häufigsten trat eine Neutropenie vom ToxizitätsGrad-3/4 auf, und zwar in: 1,9%, 5,4%, 19,6%. Eine relevante
Diarrhoe wurde beobachtet bei 2,7%, 1,9% und 3,9%.
Die Cisplatin-haltige Therapie war den beiden anderen Behandlungsarmen signifikant überlegen. Die Autoren
schlussfolgern, PLF kann eine Alternative für die Patienten sein, bei denen eine Langzeit-Infusion mit 5-FU nicht
durchführbar ist und die eine weniger intensive Behandlung als mit dem ECF-Schema wünschen.
64
Magenkarzinom
Chemotherapie der 3. Generation, FFP, EP, ECF
Inzwischen wurden eine Reihe weiterer Therapieschemata veröffentlicht, die auf der Langzeitapplikation von
5-FU beruhen. Auch diese Behandlungen erfordern einen venösen Port.
FFP-Schema
Substanz
Folinsäure
5-FU
Paclitaxel
Bokemeyer, C et al. (Anticancer Drugs 1997;8:396-99)
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
500
2-Std.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
2.000
24-Std.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
175
3-Std.-Infusion
1, 22
Wiederholung: Tag 50
Beachte: Paclitaxel wird zeitlich vor 5-FU/FS gegeben.
Ergebnisse: n=20 unvorbehandelt, CR 0%, PR 32%, mediane Überlebenszeit 11 Monate, med.
progressionsfreies Intervall 8 Monate. Toxizität: Neutropenie WHO 3/4 14%, Alopezie 45%, Fieber/Infektion
9%, Diarrhoe/Erbrechen 5% .
EP-Schema
Substanz
Adler, Magenkarzinom-Studie, Uniklinik Ulm
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
Epirubicin
25
30-Min.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
Paclitaxel
80
3-Std.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
Wiederholung: Tag 50
ECF-Schema
Substanz
Webb a. et al. J Clin Oncol 1997;15:261-67
Dosis [mg/m²/d]
Applikationsform
Therapietage
Epirubicin
50
i.v.-Bypass
1
Cisplatin
60
30-Min.-Infusion
1
5-FU
200
Kontinuierliche Infusion
1-21
Wiederholung: Tag 22, maximal 7 Zyklen im Rahmen der durchgeführten Studie.
Phase-III-Studien
In einer randomisierten Phase-III-Studie wurde ECF mit dem bisherigen Referenzregime FAMTX bei
ösophago-gastralen Tumoren verglichen. 274 Patienten wurden eingeschlossen (Webb et al. JCO, 1997). ECF
zeigte mit einer Ansprechrate von 45% versus 21% eine hoch signifikant bessere Effektivität, das mediane
Überleben war mit 8,9 Monaten ebenfalls besser als im FAMTX-Arm (5,7 Monate). Auch das rezidivfreie
Überleben konnte signifikant verbessert werden bei insgesamt gleicher Lebensqualität wie im FAMTX-Arm.
Aufgrund dieser Daten gilt das ECF-Schema in Großbritannien als Standard in der Therapie des metastasierten
Magenkarzinoms.
In einer weiteren randomisierten Phase-III-Studie der Arbeitsgruppe um Cunningham wurde an 580 Pat. mit
ösophago-gastralen Tumoren ECF mit MCF (Mitomycin, 5-FU-Dauerinfusion, Cisplatin) verglichen (Ross et al.
JCO 2004). Die Ansprechraten von ECF konnten reproduziert werden. Aufgrund des günstigeren
Toxizitätsprofils wurde ECF auch in dieser Studie als Standard bestätigt.
Fazit: ECF ist das bestuntersuchte Referenzregime zur Chemotherapie des metastasierten
Magenkarzinoms.
5-FU vs. Capecitabine und Cisplatin vs. Oxaliplatin
Nach den Ergebnissen der großen internationalen REAL-2 (siehe dort) sind Capecitabine dem in
kontinuierlicher Infusion gegebenen 5-FU und das Oxaliplatin dem Cisplatin in der Therapie des
fortgeschrittenen Magenkarzinoms mindestens gleichwertig. Allerdings ist Oxaliplatin nicht zur Chemotherapie
des Magenkarzinoms zugelassen.
65
Magenkarzinom
Cisplatin
Hintergrund
Cisplatin und 5-FU sind chemotherapeutisch wirksame Substanzen beim Magenkarzinom und sind in
Deutschland mit dem sog. Wilke-Schema weit verbreitet. Die Langzeitinfusion von 5-FU braucht aus Gründen
der Venenverträglichkeit ein venöses Portsystem und ist mit den damit verbundenen Problemen, wie Infektion,
Okklusion und Venenthrombose behaftet. Capecitabin ermöglicht als Alternative zur kontinuierlichen
intravenösen Applikation auf dem oralen Wege gleichfalls anhaltend hohe Wirkstoffspiegel, siehe auch Seite
PLF.
Phase-II-Studie Cisplatin + Capecitabin
Die koreanische Arbeitsgruppe (Kim TW et al. Ann. Oncol 2002; 13:1893-98) berichtete als Ergebnis einer
Phase-II-Studie über 42 Pat. mit lokal fortgeschrittenem (5 Pat.) oder metastasiertem Adenokarzinom des
Magens (37 Pat.). Keiner der Patienten war chemo- oder radiotherapeutisch vorbehandelt.
Therapie
Xeloda
2 x 1250 mg/m2/d
p.o.
d 1 - 14
60 mg/m2
1h-i.v. Inf.
d1
Cisplatin
Wiederholung: Tag 22
Ergebnisse
Intention-to-treat-Analyse (n = 42).
Ansprechen
n
%
RR
CR
PR
SD
PD
Nicht auswertbar
23
1
22
7
8
4
54,8
2,4
52,4
16,7
19
9,5
Alle 5 Patienten mit lokal fortgeschrittener Erkrankung erreichten eine partielle Remission. In zwei Fällen
wurde eine sekundäre Operation möglich.
Weitere Daten
Medianer Follow-up
18,2 Mo
Mediane Dauer des Response
6,2 Mo
Mediane time to progression
6,3 Mo
Medianes Survival
10,1 Mo
1-Jahr-Survivalrate
45,8%
Meier Kaplan-Kurve: Time to progression
Nebenwirkungen
Insgesamt 216 Therapiezyklen. Die häufigste Nebenwirkung war Neutropenie Grad-3/4 bei 13 Pat. (32,5%) in
insgesamt 38 Zyklen. Es trat jedoch keine Fieberepisode auf. Thrombozytopenie Grad-3/4: 4 Pat. (10%). HandFuß-Syndrom Grad 2: 20%, Grad 3: 7,5%. Es wurde kein therapieassoziierter Todesfall beobachtet. Eine
Dosisreduktion war in 34,7% der Zyklen erforderlich. Für Cisplatin wurden 87%, für Capecitabin 93% der
Zieldosis erreicht.
Wirkungsäquivalenz
Nach neueren Daten ist das weniger toxische Oxaliplatin gleichermaßen wirksam wie das Cisplatin.
66
Magenkarzinom
Capecitabin
Zulassung, Dosierung
Für Capecitabin besteht seit 4/2007 eine europäische Zulassung zur Chemotherapie des Magenkarzinoms in der
Kombination mit Cisplatin.
In dieser Kombination beträgt die empfohlene Dosis von Xeloda 1000 mg/m2 zweimal täglich über 14 Tage, gefolgt
von einer 7-tägigen Therapiepause. Die erste Xeloda-Dosis wird am Tag 1 abends und die letzte Dosis am Tag 15
morgens gegeben. Wenn Epirubicin Bestandteil der Behandlung ist, beträgt die empfohlene Dosis von Xeloda 625
mg/m² zweimal täglich Tag 1-14. Epirubicin soll in einer Dosis von 50 mg/m² alle 3 Wochen, jeweils am Tag 1, als
Bolusinjektion gegeben werden. Das Platin-haltige Arzneimittel (Cisplatin in einer Dosis von 60 mg/m2 in der
Dreifach-Kombination, bzw. 80 mg/m² als Zweifach-Kombination oder Oxaliplatin in einer Dosis von 130 mg/m2)
soll alle 3 Wochen, jeweils am Tag 1, als zweistündige intravenöse Infusion gegeben werden.
Wirksamkeit beim fortgeschrittenen Magenkarzinom
Das oral verabreichbare Capecitabin zeigt als Monotherapeutikum beim Magenkarzinom in einer Dosierung von
1250 mg/m² d 1-14 bei 44 untersuchten Patienten eine Ansprechrate von 34% bei einem medianen Überleben von 9,5
Monaten und ist damit eine sehr aktive Substanz (Hong et al., Ann Oncol 2004).
In der Kombination mit Cisplatin (Cisplatin 60mg/m², Capecitabin 1250 mg/m² d1-14) wurden an 38 Patienten
Ansprechraten von 55% bei einem medianen Überleben von 10,1 Mo. beschrieben (Kim et al., Ann Oncol 2002).
In einem 2 x 2 factorial design (REAL-2-Studie) verglich die Arbeitsgruppe um Cunningham das Referenzregime
ECF (Epirubicin/Cisplatin/5-FU) hinsichtlich der Wirksamkeit und der Toxizität mit ähnlichen Kombinationen,
indem Cisplatin durch Oxaliplatin und 5-FU durch Capecitabin ersetzt wurde. Inzwischen liegen Ergebnisse der
Studie vor (Cunningham D et al. Proc.ASCO 2006;24:Abstr.LBA4017), siehe REAL-2-Studie.
Vergleich Cisplatin+5-FU vs. Capecitabin
Kang Y-K et al. Ann Oncol 2006;17 (Suppl. 6),Abst O-003
verglichen bei 160 Pat mit lokal fortgeschrittenem oder
metastasiertem Magenkarzinom in einer prospektiv
randomisierten Studie (ML17032, Zulassungsstudie).
Cisplatin+5FU (P 80 mg/m² d1, F 800 mg/m²/d c.i. d 1-5); [FP
/ Gruppe A, n=156] mit Cisplatin+Capecitabin (P gleiche
Dosis, Capecitabin 1000mg/m² 2x tgl. d1−14 [XP / Gruppe B,
n=160]. Wiederholung jeweils alle drei Wochen. Ziel der
Studie war der Nachweis der Nichtunterlegenheit von
Capecitabin gegenüber 5-FU als kontinuierliche Infusion (Noninferiority-study). Sowohl für die Responserate (29% vs. 41%),
als auch für die Toxizität war der Capecitabin-Arm der PFGruppe nicht unterlegen. Der Median für das progressionsfreie
Vergleich FP vs XP beim fortgeschrittenem
Überleben betrug 5,6 Monate für Xeloda + Cisplatin gegenüber
Magenkarzinom. Mindestens Gleichwertigkeit von
5,0 Monate für 5-FU + Cisplatin. Die Hazard-Ratio für das
Capecitabine (X) gegenüber 5-FU (F) in der Kombination
Gesamtüberleben war ähnlich derjenigen für das
mit Cisplatin (P). Kang Y-K et al. Ann Oncol
progressionsfreie Überleben (Hazard-Ratio 0,85). Die
Überlebensdauer betrug im Median 10,5 Monate (XP) gegenüber 9,3 Monaten (FP). Die Daten der Real-2-Studie und
der Studie ML1731 bestätigten diese Befunde (Okines A.F.C. et al. ESMO 2008 #1296)
Fazit: Aufgrund dieser Daten der Studie ML17032 kann das 5-FU im PF-Schema ohne Verlust an Wirksamkeit
durch Capecitabin ersetzt werden und unterstützten die Anwendung von Xeloda in der first-line-Therapie des
fortgeschrittenen Magenkarzinoms. Ein weiterer Vorteil ist die einfachere Handhabung mit der Nichtnotwendigkeit
eines venösen Portsystems.
Nebenwirkungen
Die größte praktische Bedeutung haben das Hand-Fuß-Syndrom und die Diarrhoe. Außerdem kommen vor:
Anorexie, Diarrhoe, Erbrechen, Übelkeit, Stomatitis, Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit, Asthenie. Das palmoplantare
Erythrodysästhesie (Hand-Fuß)-Syndrom trat in der Kombination mit Cisplatin bei 22% der behandelten Patienten auf.
Laborseitig werden beobachtet: Erniedrigte Hämoglobinwerte, Erniedrigte Neutrophile/Granulozyten, Lymphozytenzahl, Thrombozyten.
Erniedrigte Natrium-, Kalium-, Kalziumwerte, erhöhte Werte für Bilirubin, alkalische Phosphatase, SGPT,SGOT
In der Kombination mit Epirubicin und Cis- oder Oxaliplatin werden häufiger beobachtet: Leuko-, Neutropenie, Anämie,
Thrombozytopenie, febrile Neutropenie, periphere Neuropathie, Infektionen, Thromboembolie. Lethargie.
Anwendungsbeschränkung
Leukozyten <1,5 G7l, Thrombozyten <100 G/l, Kreatinin-Clearance <30 ml/min, schwere Beeinträchtigung der
Leberfunktion, bekannte
Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD), Schwangerschaft und Stillzeit sind
Kontraindikationen für Capecitabin. Bei einer Krea-Clearance von 30-50 ml/min: Dosisreduktion auf 75%. Vorsicht bei
Pat. > 60 Jahre. Es empfiehlt sich eine Initialdosis von 75-80%. Das gilt besonders für die Kombination mit Docetaxel.
67
Magenkarzinom
Oxaliplatin
Auch Oxaliplatin zeigt in der Kombination mit 5-FU-Dauerinfusion reproduzierbar vielversprechende Ansprechraten
von etwa 40-50%. Eine Reihe von Oxaliplatin-basierten Therapiestudien wurden in Erst- und ZweitlinienBehandlung geprüft.
Studie
Regime
Pat.
RR
Med. Ü-leben
Al-Batran, JCO, 2004
Ox (85),FA (500),FU (2,600) q2w
41
43 %
9,6 Mo.
Chao, BrJC, 2004
Ox (65),FA (300),FU (2,6) d1+8
50
56 %
10,0 Mo.
Louvet, JCO 2002,20.4543-48
Ox 100, FA 400, FU Bol 400, FU 46h 3,000 q2w
49
45 %
8,6 Mo.
Auf dem ASCO-Meeting 2006 (Al-Batran, S-E et al. LBA 4016) wurde die deutsche Phase-III-Studie vorgestellt, bei
der das modifizierte FOLFOX-Schema FLO mit der Kombination Leucovorin/infusionales 5-FU und Cisplatin
(AIO/PLF) verglichen wurde. FLO verursachte signifikant weniger Nebenwirkungen wie Anämie, Fatique, Übelkeit,
Erbrechen, Alopezie und Nierentoxizität als FLP. Außerdem fand sich ein signifikant besseres Ansprechen für FLO
mit 34% vs. 25% für PLF. Darüber hinaus war ein Trend zu einer längeren Dauer der Zeit bis zur Tumorprogression
(5,7 vs. 3,8 Monate) festzustellen. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 10,6 Monaten für FLO und 8,7 Monaten für
PLF. Die Subgruppenanalyse zeigte, dass ältere Patienten (>65 Jahre) von dem FLO-Schema besonders profitierten.
In einer vorausgegangenen Studie konnten (Al-Batran, S-E et al. J Clin. Onkol. 2004; 22: 658-63) die Wirksamkeit
der Kombination Oxaliplatin, 5-FU und Folinsäure nachweisen. Diese Studie war die Grundlage für die oben zitierte
Phase-III-Vergleichsuntersuchung zwischen FLO und dem in Deutschland weit verbreiteten AIO-PLF-Schema.
FLO-Schema
Substanz
5-FU
Folinsäure
Oxaliplatin
Al Batran S-E et al ASCO-Meeting 2006, .LBA4016
Dosis [mg/m²/d]
2600
200
85
Applikationsform
24h- Infusion
2h-Infusion
2h-Infusion
Therapietage
1
1
1
Wiederholung Tag 22
Die französische Arbeitsgruppe Louvet C. et al. J. Clin. Onkol. 2002; 23: 4543-48 veröffentliche eine Phase-II-Studie
zur Behandlung des fortgeschrittenen oder metastasierten Magenkarzinoms mit der Kombination FOLFOX.
Auswertbar waren 53 Pat. Die Behandlung bestand aus Oxaliplatin 100 mg/m², Folinsäure 400 mg/m² in 5%iger
Glukose über 2 Stunden, gefolgt von einem Bolus 5-FU 400 mg/m² als 10-Min-Infusion unmittelbar gefolgt von 5FU 3.000 mg/m² als kontinuierliche Infusion über 46 Stunden. Die Behandlung wurde alle 14 Tage wiederholt. Der
Altersmedian der Pat. betrug 61 Jahre. 89% der Patienten waren im guten Allgemeinzustand (WHO 0-1).
Ergebnisse
Komplette Remission 4%, partielle Remission 41%, Gesamtansprechrate 44,9%, stabile Erkrankung 29%.
Oxaliplatinhaltige Erstlinientherapie bei metastasiertem Magenkarzinom. Ergebnisse der Studien Links: Louvet C et al. Rechts: AlBatran S-E et al. (siehe oben)
Off-label-use
Trotz der gut belegten Wirksamkeit ist Oxaliplatin zur Chemotherapie des Magenkarzinoms in Deutschland
nicht zugelassen (Stand 9/2007). Im Off-label-use gibt es bei Kontraindikationen gegenüber Cisplatin gute
Argumente für den Einsatz dieser Substanz.
68
Magenkarzinom
REAL-2-Studie
REAL-2-Studie
Randomisierte multizentrische Phase-3-Studie beim
fortgeschrittenen Karzinom des Magens und des
Ösophagus. Es handelt sich um eine so genannte NonInferiority-Studie mit einer 2x2-Randomisation.
Eingeschlossen wurden 1.002 Pat. Das mediane Alter
betrug 63 Jahre. Unter den Pat. befanden sich 35%
Ösophaguskarzinome, sowohl Adeno- als auch
Plattenepithel- und undifferenzierte Karzinome. Die
Behandlung dauerte 24 Wochen (8 Zyklen). Zur
Beurteilung erfolgte eine Computertomographie vor
Beginn der Behandlung sowie nach 12 und nach 24
Wochen. Der primäre Zielpunkt der Studie war das
* Kontinuierliche Infusion
Gesamtüberleben. Die Verteilung auf die 4 Arme war
ausgeglichen. In jeder Gruppe befanden sich rund 250 Pat. Die Studie hatte eine Power von 80%, um die
Nichtunterlegenheit von Capecitabin gegenüber 5-FU und die von Oxaliplatin gegenüber Cisplatin zu beweisen. Es erfolgte
eine Intention-to-treat-Analyse. Das Gesamtüberleben geht aus der nebenstehenden Tabelle hervor. Das mediane follow-up
betrug 12,5 Monate. Die Daten wurden auf dem ASCOMeeting 2006 in Atlanta vorgestellt (Cunningham D et
al. Proc.ASCO 2006;24:Abstr.LBA4017)
Ergebnisse
Im Ergebnis fand sich kein signifikanter Unterschied
bezüglich der Ansprechraten und der Zeit bis zur
Krankheitsprogression zwischen den Studienarmen. Da
es sich um eine Non-Inferiority-Studie handelte, ist das
Ergebnis für Capecitabin und für Carboplatin als positiv
zu bewerten. Die Pat. im EOX-Arm hatten zudem ein
signifikant verlängertes medianes Gesamtüberleben im
Vergleich zu den Pat. im ECF-Arm (11,2 vs. 9,9
Monate).
TherapieArm
ECF (n=249)
EOF(n=245)
ECX(n=250)
EOX(n=244)
GesamtÜberleben
9,9
9,3
9,9
11,2
1-Jahres-ÜLRate CI 95%
37,7 (31,8-43,6)
40,4 (34,2-46,5)
40,8 (34,7-46,9)
46,8 (40,4-52,9)
p-Wert
0,612
0,389
0,020
Hazard ratio
CI 95%
1
0,96 (0,79-1,15)
0,92 (0,76-1,11)
0,80 (0,66-0,97)
Bezüglich der Nebenwirkungen war in den beiden Oxaliplatingruppen eine stärkere Grad-3/4-Toxizität in Form von:
Anämie, Neutropenie und Alopexie zu beobachten. Thromboembolien, Durchfall und Neuropathie waren weitere
nennenswerte Toxizitätserscheinungen. In der Capecitabingruppe trat verstärkt ein Hand-Fuß-Syndrom auf.
Fazit
Mit dem Einsatz von Capecitabin ECX oder EOX wird das ECF-Schema deutlich vereinfacht. Die Nicht-Unterlegenheit
von Oxaliplatin gegenüber Cisplatin und von Capecitabin
gegenüber 5-FU konnte zweifelsfrei bewiesen werden. Die Pat.
REAL-2. Gesamtüberleben ECF vs EOX
im EOX-Arm zeigten außerdem ein signifikant verlängertes
Gesamtüberleben im Vergleich zu den Pat. im ECF-Arm (11,2
vs. 9,9 Monate).
Hinsichtlich der Wirksamkeit von Capecitabin und Oxaliplatin
erhärtet die REAL-2-Studie die Daten des „Kang-Trials“. Für
das Capecitabin gilt wie für das Oxaliplatin, dass diese den
EOX
bisherigen Referenzsubstanzen 5-FU bzw. Cisplatin
hinsichtlich der Wirkung ebenbürtig und in Bezug auf die
Toxizität weniger problematisch sind.
Trotz der guten Datenlage ist Oxaliplatin für die Behandlung
ECF
des
lokal
fortgeschrittenen
oder
metastasierten
Magenkarzinoms in Deutschland bislang nicht zugelassen
(siehe Seite Oxaliplatin)
69
Magenkarzinom
Docetaxel
Docetaxel
Docetaxel ist die zurzeit am intensivs.ten untersuchte neue Substanz. In einer randomisierten Phase-II-Studie von
Ajani konnte sich die Dreier-Kombination aus Docetaxel, Cisplatin und 5-FU gegenüber der Zweier-Kombination
Docetaxel/Cisplatin durchsetzen und wurde nachfolgend in einer randomisierten Phase-III-Studie mit einer
Cisplatin/5-FU-Kombination verglichen. Kürzlich vorgestellte Zwischenergebnisse dieser Studie zeigten die
Kombination DCF (Docetaxel/Cisplatin/5-FU) bezüglich des Ansprechens und der Zeit bis zur Tumorprogression
dem Cisplatin/5-FU-Arm signifikant überlegen. Eine signifikante Verbesserung des medianen Überlebens wird für
die Endauswertung erwartet. Allerdings wird der hier gewählte Vergleichsarm Cisplatin/5-FU (FP) derzeit nicht mehr
als empfohlener Referenzarm angesehen (siehe Vanhoefer, JCO, 2000: FP keine Überlegenheit gegenüber FAMTX).
Die Schweizer Arbeitsgruppe SAKK (Roth AD et al. Proc.
ASCO
2004;
22:
318,A4020)
entwickelte eine
Dreierkombination mit Docetaxel/Cisplatin und 5-FU
als Dauerinfusion über 14 Tage. In einer randomisierten
Phase-II-Studie, die noch keinen statistischen Vergleich
der Therapiearme erlaubt, wurde ECF dem TC
(Docetaxel/Cisplatin) und TCF (Docetaxel/Cisplatin/5FU) gegenübergestellt, siehe Graphik rechts. Der TCFArm zeigt auch im Vergleich zu ECF viel versprechende
Daten, so dass diese Kombination derzeit im Phase-IIISetting versus ECF getestet wird.
Eine randomisierte Phase-II-Studie der Charité, Berlin,
wirft die Frage auf, in wieweit Cisplatin zum Erreichen
hoher Effektivität erforderlich ist oder eventuell sogar
eine Zweierkombination aus Docetaxel und 5-FU (DF)
ähnlich effektiv wie ECF sein könnte. In der Charité läuft derzeit als Nachfolgeprojekt eine Phase-II-Studie, in der
Docetaxel mit Capecitabin in der 1st-line Situation kombiniert wird.
Informationen unter Email [email protected].
Studie
Regime
Pat.
Ajani, ASCO, 2000
DC (85/75)
DCF (75/75/750d1-5)
153
Ajani, ASCO, 2003
DCF (75/75/750d1-5) q3w
CF (100/1000d1-5) q4w
460
Roth, Ann Onc, 2004
Doce 75/85, Cis 75, FU(300)d114 q3w
Roth, ASCO, 2004
ECF (50/60/200CI)
TC (85/75)
TCF (85/75/300d1-14)
Thuss-Patience,
ASCO, 2002
DF (75/200CI)
ECF (50/60/200CI)
Lee, Br J C 2004
Epi/D/Cis (30/60/75)
q3w
q3w
RR[%]
28
43
Med. Überleben [Mo]
NR (nicht berichtet)
38,7
10,2
23,2
8,5
41
51
9,3
40
46
8,2
38
42
11,0
41
55
10,4
45
37,8
9,5
45
35,6
9,7
30
47
11,0
Fazit:In den USA wird postuliert, dass DCF der neue Standard zur Behandlung des Magenkarzinoms sein wird.
Toxizität
Die Toxizität nach DCF (75/75/750x5) ist hoch. 62% der Pat. erlitten eine Grad-3/4-Toxizität (Ajani J.A. et al. J Clin
Oncol 2007;25:3210-16). Im Vordergrund standen Neutropenie mit Fieber und Diarrhoe. Trotz dieser Nachteile
erwies sich die Taxotere-haltige Therapie im Vergleich zur weniger toxischen Cisplatin/5-FU (45% schwere
unerwünschte Ereignisse), als wesentlich wirksamer mit einer signifikanten Verlängerung der Zeit bis zum Auftreten
einer klinischen Verschlechterung. Für den Gesamtkrankheitsverlauf war die Lebensqualität der DCF-behandelten
Pat. besser als in der Cisplatin/5-FU-Gruppe. Deshalb gilt Docetaxel als eine sehr potente Substanz in der
Chemotherapie des Magenkarzinoms (Ajani J.A. et al. J Clin Oncol 2007;25:3210-16).
70
Metastasiertes Magenkarzinom
Therapiestudien, TAX 325-Studie
Die Schweizer Arbeitsgruppe der SAKK um A. Roth (Proc. ASCO 2004; 22; 4020A) stellte die Ergebnisse einer
dreiarmigen Studie vor, bei der das ECF-Schema mit zwei Docetaxel-haltigen Schemata verglichen wurde. Wegen
inadäquater Toxizität erfolgte nach den ersten 21 Pat. eine Dosisreduktion für das Docetaxel auf 75 mg/m2.
Studienziele
Ansprechrate (primärer Endpunkt),
Zeit bis zur Progression,
Selektion des besten Kontrollarms für randomisierte Studie gg. ECF.
Ergebnisse
Wie die Meier-Kaplan-Kurven zur Zeit bis zur Tumorprogression zeigen, ist für die drei Therapieschemata kein
nennenswerter Unterschied ersichtlich. Kürzlich wurden die aktualisierten Daten publiziert (Roth A.D. et al. J Clin
Oncol 2007;25.3217-23). Ansprechrate ECF 25%, TC 18,5%, TCF 36,6%. Das mediane Überleben betrug: 8,3, 11,0,
10,4 Monate. Die Toxizität wird als akzeptabel beschrieben (TCF-Arm Neutropenie Grad-3/4: 57%). TCF war TC
überlegen. Die Kombination scheint geeignet für den neoadjuvanten Einsatz anstelle von ECF.
TAX 325-Studie
Auf dem ASCO Meeting 2005 wurden die aktualisierten Daten der TAX 325-Studie vorgestellt und
das signifikante längere Überleben der Docetaxel-behandelten Patienten sowohl für das krankheitsfreie
und das Gesamtüberleben statistisch bewiesen. Auch hinsichtlich der Lebensqualität erwies sich TCF
gegenüber CF als überlegen (Ajani J.A. et al. J Clin Oncol 2007;25:3210-16). Ein Problem ist jedoch die hohe
Toxizität, vor allem die hämatologische, des TCF-Schemas. Aufgrund der guten Ansprechraten des Docetaxels beim
metastasierten Magenkarzinom wird man in der Erstlinienbehandlung nicht auf dessen Einsatz verzichten. Eine
Dosisreduktion wie im TAX-GASTRO-Trial (Lorenzen S., GI-ASCO, San Francisco, 2006) kann bei erhaltener
Wirksamkeit, aber deutlich reduzierter Toxizität, eine Alternative zum TCF (75/75/750x5) sein.
Links: Signifikante Verbesserung der Zeit bis zur Tumorprogression.
Rechts: Überlebenskurven. Doppelt so hohes ÜL nach zwei Jahren.
71
Magenkarzinom
Chemotherapie, GASTRO-TAX
Phase-II-Studie des primär unbehandelten fortgeschrittenen Magenkarzinom und Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs. GASTRO-TAX-1-Studie Lorenzen S., GI-ASCO, St. Francisco, 2006. Eingeschlossen waren
61 Pat. Medianes Alter 53 Jahre (26-76), Geschlechtsverteilung: Männer 42, Frauen 19, Performance-Status
ECOG 0: 45, ECOG 1: 16, Magenkarzinom 37, Adeno-Ca des ösophago-gastralen Übergangs 24, lokal
fortgeschrittener Tumor 24, metastasiertes Stadium 37. Die Therapie erfolgte mit Docetaxel, Cisplatin, Leukovorin/5FU in der Dosierung wie in der Tab. dargestellt.
GASTRO-TAX-Schema
Lorenzen S. et al. GI-ASCO, San Francisco, 2006
Substanz
Dosis [mg/m²/d]
Docetaxel
40
i.v. Inf. 30 min.
0, 14, 28
Cisplatin
40
i.v. Inf. 60 min.
1, 15, 29
Folinsäure
200
2-Std.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
2.000
24-Std.-Infusion
1, 8, 15, 22, 29, 36
5-FU
Applikationsform
Therapietage
Wiederholung: Tag 50
Dauer der Therapie bis zum bestmöglichen Ansprechen oder nicht tolerabler Toxizität. In der GASTRO-TAXStudie erhielten die Pat. durchschnittlich zwei vollständige Zyklen.
Dosisreduktion
Die ursprüngliche Dosierung betrug für Docetaxel und Cisplatin je 50 mg/m², Leukovorin 500 mg/m², 5-FU 2000
mg/m². Wegen nicht akzeptabler Toxizität, die ähnlich der TAX 325-Studie war, erfolgte nach 15 Pat. ein
Amendment mit einer Dosisreduktion entsprechend den Angaben der obigen Tab.
Dosisreduktionsdaten lagen von 59/61 Pat. vor. Die Reduktion von <80% mindestens einer zytostatischen Substanz
war bei 40/59 (68%)Pat. erforderlich. Nach dem Amendment 27/44 (61%), vor dem Amendment 12/15 (80%). Die
60-Tage-Mortalität betrug 1/61 (1,6%).
Ergebnisse
Ergebnisse GASTRO-TAX-1-Studie
Ansprechen
Kohorte I Kohorte II
Gesamt
Pat-Zahl
15
44
59
Komplette Remission
Partielle Remission
Stable disease
Progression
Nicht bewertbar
Gesamtansprechrate
1
6
6
1
1
7
1
19
17
2
5
20
2 (3,4%)
25 (42,4%)
23 (39%)
3 (5,1%)
6 (10,2%)
27 (45,8%)
GASTRO-TAX-1-Studie. Sekundäre
Resektionsqualität (27 Pat.)
R0-Resektion
21/27 /78%)
R1-Resektion
4/27 (15%)
Histopathologisches Ansprechen
Komplette Rem.
3/27 (11%)
<10% Residualtumor
6/27 (22%)
10-50% Residualtu.
9/27 (33%)
>50% Residualtumor
9/27 (33%)
Die Bewertung erfolgte nach RECIST-Kriterien: Progrediente Erkrankung 5,1%, Stable disease 39,0%, partielle
Remission 42,4%, komplette Remission 3,4%.
Vergleich der Toxizitätsdaten zwischen den Studien
Gesamtansprechrate 45,8%. Die Autoren schlussfolgern,
TAX-325 und GASTRO-TAX-1(Kohorte II)
dass die modifizierte TCF-Therapie ein gutes Verhältnis
zwischen Wirksamkeit und Toxizität aufweist. Bei lokal
Gastro-Tax-1
TAX 325
fortgeschrittenen
und
initial
nicht
resektablen
nach Dosisredukt.
Grad-3/4 Toxizität
n = 221 (%)
n = 44 (%)
Karzinomen war bei 27 von 46 evaluierbaren Pat. eine
Anämie
40 (18.2)
0 (0.0)
potentiell kurative, sekundäre Resektion nach dieser
Thrombozytopenie
17 (7.7)
1 (2.3)
Therapie möglich.
Neutropenie
181 (82.3)
7 (15.9)
Schlussfolgerung
Fiebrige Neutropenie
66 (30.0)
2 (4.5)
Bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem
Diarrhoe
45 (20.4)
8 (18.2)
Adenokarzinom des Magens oder des ösophagogastralen
Übelkeit
35 (15.8)
3 (6.8)
Übergangs ist die Kombination von Docetaxel, Cisplatin,
Erbrechen
33 (14.9)
4 (9.1)
5-FU und Leukovorin in der Split-dose-Applikation eine
Stomatitis
46 (20.8)
0 (0.0)
sehr wirksame und hinsichtlich der Toxizität tolerable
Sensor. Neuropathie
17 (7.7)
1 (2.3)
Chemotherapie.
Fatique
47 (21.3)
7 (15.9)
Bei lokal fortgeschrittenen und primär irresektablen
Stadien war eine erfreulich hohe Rate sekundärer Resektionen mit einer potentiell kurativen Zielstellung möglich.
72
Magenkarzinom
Irinotecan
Irinotecan
Irinotecan wurde bisher in mehreren Phase-II-Studien in Kombination mit Cisplatin untersucht. Es zeigten sich hohe
Ansprechraten bei jedoch nicht zu vernachlässigender Toxizität. In einer randomisierten Phase-II-Studie, aus der
Zwischenergebnisse von Pozzo vorgestellt wurden, erwies sich der Therapiearm mit Irinotecan/Folinsäure und 5-FUDauerinfusion im Vergleich zu Irinotecan/Cisplatin als viel versprechend. Dieses Regime wird derzeit in einer
randomisierten Phase-III-Studie mit einer Cisplatin/5-FU-Kombination verglichen.
Irinotecan als Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen/metastasierten Magenkarzinom
Studie
Regime
Pat.
RR [%]
Med. Überleben
Shirao, JCO, 1997
Iri (70) d1,15, Cis (80) d1
24
42
Nicht angegeben
Boku, JCO, 1999
Iri (70) d1,5, Cis (80) d1
44
48
10,1 Mo.
Ajani, Onc Hunt, 2001
Iri (50-65), Cis (30), q1w
25
51
Nicht angegeben
Iri (200), Cis (60),d1, q3w
72
28
6,9 Mo.
Iri (80), FA (500), FU (2g), q1w
74
34
10,7 Mo.
Pozzo, ASCO, 2001
Irinotecan-Mono wöchentlich
Wöchentliches Irinotecan. Zweitlinien-Therapie nach Cisplatin-basierter Behandlung, Chun J.H. et al, Jpn J Clin
Oncol 2004;34:8-13. Pat. mit metastasiertem Magenkarzinom nach Versagen einer Cisplatin-basierten
Chemotherapie erhielten Irinotecan 125 mg/m²/wöchentlich für 4 Wochen, gefolgt von einer 2-WochenTherapiepause bis zur Krankheitsprogression.
Ergebnisse
Auswertbar waren 37 Pat. Responserate 20%, 23% hatten eine stabile Krankheit, so dass die Tumorkontrollrate
knapp 43% betrug. Die Zeit bis zur Progression betrug 2,6 Monate, das Gesamtüberleben 5,2 Monate. Neutropenie
und Diarrhoe waren die wesentlichen Toxizitäten. Grad 3-Neutropenie trat bei 43%, Grad 4 bei 23% der Pat. auf, eine
Diarrhoe, Grad-3/4 wurde in 19%/0%, Übelkeit Grad-3/4: 19%/0% beobachtet.
FOLFIRI beim Magenkarzinom
Zweitlinientherapie beim Taxane- und Cisplatin-refraktären metastasierten Magenkarzinom mit modifiziertem
FOLFIRI (Kim S.T. et al, Br J Cancer 2005;92:1850-54). In einer Phase-II-Studie wurde die Kombination Irinotecan
150 mg/m² Tag 1, Leukovorin 100 mg/m² Tag 1, 5-FU c.i. 1000 mg/m² Tag 1 und 2 alle 2 Wochen bei Pat. mit
Taxane- und Cisplatin-refraktären metastasierten Magenkarzinomen bis zur Progression der Erkrankung gegeben.
Die Patienten waren in einem guten Allgemeinzustand. Auswertbar waren 57 Pat.
Ergebnisse: Partielle Remission 21%, Stable disease 25%, das entspricht einer Tumorkontrolle von 46%. Das
mediane Überleben vom Zeitpunkt des Beginns der Behandlung betrug 7,6 Monate. Grad-3/4-Toxizitäten betrafen
Neutro- und Thrombozytopenie. Ein therapiebedingter Todesfall wurde nicht beobachtet.
Fazit: Irinotecan hat in beiden Studien eine mäßiggradige Aktivität als Zweitlinienbehandlung beim Cisplatin- oder
Taxane-vorbehandelten, metastasierten Magenkarzinom. Die Toxizität wird als geringgradig eingestuft.
Studie
Futatsuki, Gan To KR, 1994
Lin, ASCO, 2000
Findlay, ASCO, 2001
Baker, ASCO, 2001
Assersohn, Ann Oncol, 2004
Regime
Irinotecan 100/m² q1w
Irinotecan 125/m² q1w
Irinotecan 125/L 20/FU 500 mg/m²
Cisplatin 30 mg/m² q1w
Irinotecan 50 mg/m² q1w
Irinotecan 180mg/L 125/
FU Bolus 400 / FU 48h 1200 mg/m²
Pat.
45
22
19
RR [%]
20
14
21
29
31
38
29
Bevacizumab/Cisplatin/Irinotecan
Es wurden Ergebnisse einer Phase-II-Studie Shah MA et al. ASCO-Meeting 2006, A4020) beim metastasierten
Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs präsentiert. Die Behandlung bestand aus
Bevacizumab 15 mg/kg KG d1, sowie Irinotecan 65 mg/m2 + Cisplatin 30 mg/m2 Tag 1 und 8. Eingeschlossen
wurden 47 Pat. Die Zeit bis zur Tumorprogression betrug 8,9 Monate. Die Gesamtansprechrate wurde mit 65%
angegeben. Von der Toxizität wurden erwähnt Grade 3/4-Neutropenie 21%, Thromboembolien 25%,
gastrointestinale Perforationen 4%.
Beachte: Irinotecan ist in Deutschland für die Chemotherapie des Magen-Ca nicht zugelassen (Stand 9/2007).
73
Magenkarzinom
Fortgeschrittenes Stadium, Second-line-Therapie
Zweitlinien-Behandlung
Bei vielen Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom besteht bei einer Progression nach der First-lineChemotherapie ein starker Wunsch nach Weiterführung der Therapie. Der Nachweis einer Überlebensverlängerung
gegenüber alleiniger symptomatischer Therapie steht bislang jedoch aus, da es bisher keine prospektiv randomisierte
Phase-III-Studie zur Zweitlinientherapie des Adenokarzinoms des Magens gibt. Ergebnisse von mehr als 40
publizierten einarmigen Studien zeigten jedoch, dass Patienten, die auf eine Zweitlinientherapie ansprechen, länger
leben. Eine Second-line-Therapie kann in 50% der Patienten durchgeführt werden. Die folgenden Substanzen
kommen dafür in Abhängigkeit von der Primärtherapie in Betracht: Taxotere, Mitomycin C oder Irinotecan jeweils
als Monotherapie oder in Kombination mit 5-FU.
Second-line-Chemotherapie bei metastasiertem Magenkarzinom
Substanz
Taxane
Pat. (n)
Ansprechrate Literatur
Docetaxel 100/m² q3w
25
20%
Vanhoefer, ASCO, 1999
Paclitaxel 225mg/m² q3w
36
22%
Cascinu, Anticancer Drugs, 1998
Paclitaxel 210mg/m² q3w
31
25%
Ohtsu, ASCO, 2000
Paclitaxel 200/m²,
Carboplatin AUC6 q3w
23
22%
Ryoo, ASCO, 2001
Epirubicin 60/m²,
Docetaxel 75 mg/m² q3w
23
21%
André, ASCO, 1999
Irinotecan 100/m² q1w
45
20%
Futatsuki, Gan To KR, 1994
Irinotecan 125/m² q1w
22
14%
Lin, ASCO, 2000
Irinotecan 125/L 20/FU 500 mg/m²
19
21%
Findlay, ASCO, 2001
Irinotecan 50mg/m²,
Cisplatin 30 mg/m² q1w
29
31%
Baker, ASCO, 2001
Irinotecan 180mg/L 125/
FU Bolus 400/FU 48h 1200 mg/m²
38
29
Assersohn, Ann Oncol, 2004
23
26
Kim, Ann Oncol, 2003
Irinotecan
Oxaliplatin
Oxaliplatin 85mg/L 150/
FU Bolus 400/FU 48h 2400
Beachte
Im Gegensatz zu den hier angegebenen Ansprechraten in der Second-line-Therapie sind Irinotecan und Oxaliplatin zur Chemotherapie
des Magenkarzinoms in Deutschland nicht zugelassen. Ihre Anwendung muss die Besonderheiten eines Off-label-use berücksichtigen.
Zweitlinien-, Drittlinientherapie,
Therapiesequenz
Wendet man strenge evidenzbasierte Kriterien zur
Chemotherapie eines lokal fortgeschrittenen oder
metastasierten Magenkarzinoms an, gibt es gut
abgesicherte Daten nur für eine Erstlinientherapie,
da aussagekräftige Phase-III-Studien für eine Zweitoder Drittlinientherapie fehlen. Dennoch lehrt die
tägliche Arbeit, dass ein Teil der Pat. von einer
Nachfolgetherapie profitiert.
Option I
Option II
1. L.
ECF oder EOX
Gastro-TAX
2. L.
Gastro-TAX
Epi-XEL
3. L.
Mitomycin C
Mitomycin C
74
AIO-Therapiestudien
Ösophagus- und Magenkarzinome
Übersicht der Studien. Details siehe www.aio.portal.de
Sprecher der Arbeitsgruppe: PD Dr. Markus Möhler, Medizinische Klinik, Abteilung Gastroenterologie, Universitätsklinik Mainz
55101 Mainz, E-Mail: [email protected]
Lokal fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom des Ösophagus – neoadjuvante Radio-/Chemotherapie
Neoadjuvante Radio-/Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom des Ösophagus
mit wöchentlich Cetuximab plus Oxaliplatin plus kontinuierlich i.v. 5-FU und konventionell fraktionierter
externer Mehrfeldbestrahlung bis 45 Gray.
Stadium II/III Adenokarzinom des Magens oder gastro-ösophagealen Übergangs – neoadjuvante /
perioperative Therapie
Multizentrische, offene klinische Phase-II-Studie zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit einer
perioperativen Chemotherapie mit Docetaxel, Cisplatin und Capecitabin bei Patienten mit einem
Adenokarzinom des Magens und des gastroösophagealen Übergangs
GC-DOR-2004: Prospektive, offene multizentrische Phase I/II-Studie zur Bestimmung der Sicherheit und
Wirksamkeit einer neoadjuvanten Radio-/Chemotherapie mit Docetaxel und Oxaliplatin bei Patienten mit
Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs
Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Adenokarzinom des Magens oder gastro-ösophagealen
Übergangs – palliative Therapie 1st line
Phase-II-Studie mit Docetaxel und Capecitabin als first-line Therapie bei Patienten mit lokal
fortgeschrittenem oder metastasiertem Magenkarzinom
Eine Phase-II-Studie zur Evaluation der Wirksamkeit von Docetaxel und Oxaliplatin mit Capecitabin
(TEX) bei Patienten mit inoperablen oder metastasiertem Magenkarzinom
Offene, unkontrollierte Phase-II-Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit und Verträglichkeit einer
Kombination mit Cisplatin/Docetaxel und Cetuximab bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder
metastasiertem Adenokarzinom des Magens oder gastroösophagalen Übergangs.
FLOT65+ – Multizentrische randomisierte Phase-II-Studie zur Therapie des fortgeschrittenen
Magenkarzinoms oder Adenokarzinoms des Ösophagogastralen Überganges bei Patienten über 65 Jahre
unter besonderer Beachtung der Lebensqualität und des pharmakogenetischen Risikoprofils
Prospektive, multizentrische Studie mit 5-FU, Leucovorin, Oxaliplatin und Docetaxel (FLOT) bei
Patienten mit lokal fortgeschrittenen, limitiert metastasierten oder diffus metastasierten Adenokarzinomen
des Magens und des ösophagogastralen Überganges
Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Adenokarzinom des Magens oder gastro-ösophagealen
Übergangs – palliative Therapie 2nd line
Sunitinib bei Patienten mit chemorefraktärem metastasiertem Magenkarzinom
Geschlossene Studien
Randomisierte Phase-III-Studie zur second-line Therapie des metastasierten Magenkarzinoms mit
Irinotecan + best supportive care versus best supportive care alleine
GC-CIF-2005: Eine offene, unkontrollierte Phase-II-Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit und
Verträglichkeit von Cetuximab in Kombination mit Irinotecan und 5-FU/FA bei Patienten mit
metastasiertem Magenkarzinom
Offene multizentrische Phase I/II-Studie zur Therapie von vorbehandelten und nicht vorbehandelten
Patienten mit lokal fortgeschrittenem, primär inoperablem und metastasiertem Ösophaguskarzinom mit
Paclitaxel und Oxaliplatin
75
Erstlinientherapie
CapDoc Trial, Berliner Studie
Studientitel
Kontrollierte, multizentrische Phase-II-Studie mit Docetaxel und Capecitabin als first-line-Therapie bei Patienten mit
lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Magenkarzinom (CapDoc Trial).
Studienleitung
Dr. med. P. Reichardt, Virchow-Klinikum, Humboldt-Universität, Uni-Klinikum Charité, Campus Berlin
Studienzentrale: Universitätsklinikum Charité, Campus Virchow-Klinikum, Humboldt-Universität Berlin
Medizinische Klinik m. S. Hämatologie und Onkologie, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
Email: [email protected]
Rationale
Derzeit gibt es zur first-line-Therapie des metastasierten Magenkarzinoms kein weltweit etabliertes Standardregime.
Eine Kombination aus Epirubicin/Cisplatin und 5-FU-Dauerinfusion (ECF) konnte eine Überlegenheit gegenüber
bisheriger Regime zeigen, so dass sie als Referenzregime vielfach herangezogen wird. Eigene Vorarbeiten legen den
Schluss nahe, dass eine Chemotherapie mit Docetaxel und 5-FU-Dauerinfusion ähnliche Effektivität aufweist wie das
Referenzregime ECF. Capecitabin, als oral applizierbares Prodrug von 5-FU, kann eine 5-FU-Dauerinfusion
imitieren. Capecitabin konnte als Monotherapeutikum beim Magenkarzinom Ansprechraten von 19-28% zeigen.
In der aktuellen Studie wird in der Kombination Docetaxel/5-FU die 5-FU- Dauerinfusion konsequenterweise durch
Capecitabin ersetzt mit der Hoffnung, dadurch ein leicht ambulant applizierbares, hochwirksames Therapieregime zu
entwickeln. Die Kombination von Docetaxel mit Capecitabin wurde in einer Studie beim Mammakarzinom bereits
untersucht und zeigte dort bei guter Verträglichkeit eine sehr hohe antitumorale Wirksamkeit.
Studienziele
Hauptzielkriterium Ansprechrate. Nebenzielkriterien Medianes Überleben, Zeit bis zur Tumorprogression, Toxizität,
Lebensqualität
Chemotherapie
Capecitabin
Docetaxel
2 x 1000mg/m²7d
p.o.
Tag 1-14,
75 mg/m²
500ml NaCl über 1 Std
Tag 1
Wiederholung alle 3 Wochen (Tag 22)
Studienmedikation. Capecitabin und Docetaxel werden kostenfrei zur Verfügung gestellt
Einschlusskriterien
Patienten mit histologisch gesichertem Adeno-Ca des Magens oder Adeno-Ca des gastro-ösophagealen Übergangs
Pat. mit Fernmetastasen oder Patienten mit laparoskopisch oder durch Laparotomie gesicherter operativer Inkurabiliät
eines lokal fortgeschrittenen Magenkarzinoms (keine kurative Resektion möglich) oder Patienten mit
Tumorrezidiv nach Gastrektomie
Patienten, die bisher keine palliative Chemotherapie erhalten haben. Eine adjuvante Chemotherapie ist erlaubt
Alter mindestens 18 und ≤ 75 Jahre
Ausreichende Knochenmarkfunktion definiert als Leukozyten > 3,0 Gpt/l, Thrombozyten > 100 Gpt/l
Ausreichende Leberfunktion, definiert als Serumbilirubin < 1,5 mg/dl (1,5 fache der Norm),
ALAT und ASAT ≤ 3 fache der Norm
Ausreichende Nierenfunktion, definiert als Serumkreatinin < 1,25-fach der oberen Norm, bzw. Kreatinin-Clearence >
60 ml/min berechnet nach Cockroft-Gault
Kontrazeption bei Patienten im reproduktiven Alter
Karnofsky-Index ≥ 60%
Messbare Tumormanifestationen
Schriftliches Einverständnis des Patienten
Ausschlusskriterien
KI 50% oder weniger, Patienten, die bereits eine first-line-Chemotherapie für die palliative Situation erhalten haben.
Früherer oder gleichzeitig bestehender Zweittumor (außer Basalzell-Karzinom der Haut oder Carcinoma in situ der
Zervix nach adäquater Behandlung), ZNS-Metastasen Parallele Strahlentherapie, Unkontrollierte Infektionen vor
Therapiebeginn, Sonstige schwere internistische Begleiterkrankung. Weniger als 2 Wochen zurückliegende größere
Operation Parallele Behandlung mit einer weiteren experimentellen Therapie. Chronischer Durchfall, Subileus
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Darmverschluss. Unfähigkeit orale Medikation einzunehmen
Schwangerschaft und Stillzeit
76
Descargar